Hallo,
Hallo Heiko,
solche Experimente habe ich schon gemacht und ich kenne diesen Verfremdungseffekt und kann Dir zustimmen.
(Ähnlich, aber noch stärker wirkt das erste Hören der eigenen Stimme von einem Tonträger, auch wenn die Stimme gut wiedergegeben wird. Die Gründe dafür sind ja bekannt.)
Als Bild im Sinne unserer Erörterung verstehe ich, im Gegensatz zum mit eigenen Augen direkt Gesehenen, die Darstellung eines optischen Eindrucks auf dem Umwege über ein Medium oder eine Vorrichtung (Wasser = Spiegel, Abdruck, Gemälde, Fotografie). Je nach Art des Mediums wird das Bild seitenverkehrt oder seitenrichtig wiedergegeben. Die seitenverkehrte Spiegelung dürfte wohl die ursprünglichere Abbildung sein, die im übrigen auch von vielen Schimpansen als Bildnis ihrer selbst erkannt werden kann.
Sie entspricht auch dem Bild, das schon Kinder von sich aus dem Spiegel haben und das der Mensch am häufigsten sieht - auch wenn die Seitenumkehr im Spiegel beim Bemalen, Rasieren usw. gewisse Orientierungsprobleme nach sich zieht.
Für diese beiden unterschiedlichen Darstellungsarten eine Stufenskala irgendwelcher Bewertungen (kulturhistorisch, ästhetisch, religionsphilosphisch oder sonstwie werttheoretisch) aufzustellen, dürfte schwierig, wenn nicht unmöglich sein.
Darüber wird jeder, wenn überhaupt, für sich unterbewußt und emotional befinden.
Deswegen habe ich gewisse Schwierigkeiten, in einer Spiegelung eine Verfremdung eines Bildes zu sehen, weil erstens dies die ursprünglichere und natürlichere Bildgebung ist und weil zweitens ein Bild ohne Mitwirkung außerhalb des Abgebildeten liegender Elemente, ob Wasser, ob Fotoapparat, gar nicht erst zustandekommt.
Dazu müßte man die Frage beantworten können, welche Sicht für mich bedeutender sein soll, die ich auf natürliche Weise (Wasserspiegel) ohne technische Hilfsmittel habe, oder die andere von mir durch Anschauen gewinnen oder die durch Malen oder Technik entsteht.
Eher würde ich, gerne mit Dir, annehmen wollen, dass jedes Bild eine Verfremdung des Abgebildeten sei. Das man aus einer solchen Einsicht praktischen Nutzen ziehen und sie operationalisieren kann, liegt auf der Hand. Auch für das Beschneiden eines Bildes lassen sich daraus Folgerungen ziehen - die aber nicht allgemeinverbindlich sein können - und vielleicht ist das Ganze auch nur Spiegelfechterei.
Grüße,
Heinz