Moin, Uwe,
Wieso ist Grossformat immer eine andere Welt? Entscheidet nicht der Kuenstler/in, wie und womit sie/er das Objekt darstellen moechte?
Für mich ist Fotografie eher ein Handwerk als eine "Kunst".
Warum sehe ich das so? Ganz einfach: Der Fotograf bekommt zumeist Auftrgsarbeiten und hat seine Aufgabestellungen im Interesse des Kunden zu erfüllen. (Zur Not ist er sein eigener Auftraggeber)
Ohne dabei völlig abzuheben: So war es auch früher bei den großen Malern ebenfalls: Sie hatten Auftraggeber, die ihre Arbeiten bezahlten... Die Malerei war ein Handwerk.
Heute gibt es Künster und beispielsweise Grafik-Designer.
Wer erfolgreich das Studium des Grafik-Designers absolviert hat, der sollte eben auch in der Lage sein, Auftragsarbeiten handwerklich optimal zu realisieren.
Warum ist nun Großformat eine völlig andere Welt als KB-Fotografie? Das nicht irgendein Diktum, sondern eine simple Tatsache:
Wer mit Großformat arbeitet, der muss gelernt haben, dieses Werkzeug zu bedienen. Er muss wissen, wie Scheimpflug funktioniert, er muss wissen, wie sich der Auszug des Balgens auf die Belichtungszeit auswirkt, er muss wissen, wann welche maximale Blendengröße erlaubt ist, um Vignettierung zu verhindern. Dann muss er wissen, dass mit Großformat das Shiften möglich ist, um stürzende Linien zu verhindern oder sogar um quasi an Hindernissen "vorbei" zu fotografieren. Usw. usw.
(Sollte ich heute mit einer Großformat-Kamera arbeiten, würde ich sicher ad hoc keine einzige Gesellenprüfung bestehen. Dazu müsste ich üben, üben und nochmals üben.)
Zu Großformat gibt es natürlich entsprechende Literatur und wer Zeit und Muße findet, kann den Umgang mit diesen Gerätschaften erlernen, aber es ist wirklich eine komplett andere Art der Fotografie als KB mit Film oder Digitalchips.
Selbst das das Bestücken der Kassetten hat so seine Tücken.
Andererseits würde kein einziger Fotograf auf die Idee kommen, mit Großformat Sport ablichten zu wollen, das wäre glatter Unsinn.
KB ist schneller, (z.B. 8 Bilder / Sek.) flexibler, hat nach oben hin - relational (!) - bedeutend höhere Brennweiten, kann dafür in Sachen Auflösung genau NULL mithalten und hat auch keine Scheimpflug-Möglichkeiten.
Damit gibt es Motive - insbesondere in der Werbefotografie -, die EXKLUSIV mit Großformat fotografiert wurden und so wie sie erscheinen, nicht möglich gewesen wären, hätte man KB benutzt.
Umgekehrt gibt es Motive, die mit Großforamt nicht zu machen sind. Das aber sind Gegebenheiten, die sich aus der jeweiligen Beschaffenheit des Systems ergeben, so dass ein Künstler zwar dessen ungeachtet natürlich entscheiden kann, was er womit ablichtet.
Für den Fotografen gilt das grundsätzlich nicht, weil er eine völlig andere Herangehensweise hat, die mit Kunst essentiell nichts zu tun hat. (Ausnahmen bestätigen die Regel - die Grenzen sind fließend.)
Die Aufgabenstellung bestimmt in der Fotografie die Wahl des Werkzeuges. In der kunst gibt es andere Freiräume.
Dabei sind die Arbeitsweisen von KB - etwa in der Sportfotografie - und Großformat - etwa in der Studiofotografie - überhaupt nicht miteinander vergleichbar.
Thema Lomografien: Sind dann wohl auch verachtenswert?
Ich denke, von "Verachtung" redet hier niemand. Nur: Geh mal zu einem großen kunden, der Katalog-Fotos will und komm dem mit Lomo-bildern. Dann haste einen Kunden weniger.
Hasselblad & Co. gibt es auch nicht ohne Grund. Wozu Tausende und Tausende rauswerfen, wenn es auch Lomos tun? Wo wir aber schon beim Thema "Verachtung" sind: "Hasselblad's Sonntagsobjektiv" gibt es nicht. Immerhin ist dieser Begriff hier von dir pejorativ gemeint! Das sind jedoch Hasselbad's Wochentags-Objektive, weil die ganz einfach von zig Fotografen permanent beruflich eingesetzt werden.
Und diese Leute wissen, warum sie Hasselblad, Mamiya Pentax usw. verwenden.
Ich finde es immer wieder erstaunlich, wenn Leute wie Ken Rockwell behaupten, es ist egal, mit was fotografiert wird, schließlich mache ja der fotograf das Bild, andererseits aber legt Ken Rockwell dann den allergrößten Wert auf das möglichste beste Equipment - und beschwert sich z.B. darüber, dass die D2h oder -x eben nicht mehr die 500stel Synchro-Zeit der D1 oder D70 hat.
Ich halte es für bedenklich, Mängel mit "Kunst" schönzureden.
Wenn dich Bilder "trotz Unschärfe" beeindrucken, dann musst du dich natürlich fragen lassen, wie sie OHNE Unschärfe gewirkt hätten...
Viele Grüße
Werner