Es ist nicht einfach das Wort „Regel“ zu umschiffen, wenn ich es verwende, dann nicht als Zwang oder Gesetzmäßigkeit, sondern im Sinne von Vorschlag, Ansatz oder Mechanismus.
Wir sprechen auch im Englischen von rule of thirds oder rule of fifths.
Ich möchte hier ein paar Anhaltspunkte aufzählen, die ich mir im Laufe der Zeit angelesen/angeeignet/ausprobiert habe, und die auch immer wieder bei den vielen Abhandlungen über Gestaltung auftauchen. Die Terminologie ist nicht immer gleich, und die Liste ist auch nicht vollständig.
a) Jedes Bild sollte einen Ankerpunkt haben. Man findet ihn, wenn man ein unbekanntes Bild für nur 1-3 Sekunden betrachtet – wo wandern die Augen hin? Das ist der Ankerpunkt, von wo aus sich die Augen das Bild erschließen. Vom Ankerpunkt aus sind alle anderen Bildelemente irgendwie mit unsichtbaren Bändern verbunden. Er ist für die Augen der Ausgangs- und Rückkehrpunkt eines Bildes.
b) Die Elemente eines Bildes sind räumlich verteilt, für die Verteilung haben sich bestimmte Muster als harmonisch oder unharmonisch herausgestellt. Die Drittelregelung kennen die meisten Fotografen, sie ist mehr eine Faustregel denn als Naturgesetz zu verstehen. Es ist der erste Ansatz, Ordnung herbeizuführen.
c) Elegantere und harmonischere Verhältnisse entstehen bei Aufteilungen, die nach der Zahl phi (1,618) erfolgen. Bekannt unter Goldener Schnitt, göttliche Teilung.
d) Ein Bild sollte ausbalanciert sein. Ordnet man dunklen und hellen Flächen Gewichte zu, so „wiegen“ dunkle Flächen mehr als helle, also für eine gute Balance sollte einer kleineren dunklen Fläche eine größere helle gegenüberstehen.
e) Ungerade Verhältnisse sind besser als gerade. Wir empfinden eine ungerade Anzahl von Elementen als harmonischer als eine gerade. Eins ist besser als zwei, drei ist besser als zwei oder vier, fünf ist besser als vier, usw. Weiter: ein Dreieck ist besser als ein Viereck. Eine Diagonale ist besser als eine Horizontale oder Vertikale.
Reicht das für das erste? Bitte diese Ansätze nicht als strenge Pflicht betrachten, weder treffen sie alle zusammen immer auf ein Bild zu, noch sind sie das alleinige Allheilmittel, aber wenn man sie ansatzweise bei der Gestaltung in die Überlegungen bewusst mit einbeziehen kann, kann das ein Weg sein, harmonischere Bilder zu bekommen.
Gruß
Klaus