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Wann ist ein Bild ein Bild ?

Forticus

Aktives Mitglied
... im Sinne von vorzeigbar

Hallo zusammen,

bei vielen Bildern, die ich hier im Forum gesehen habe, bekam ich den Eindruck dass sie "fertig aus der Kamera" kommen, zB wenn "nur" Kamera und Objektiv genannt werden. Auch einige Diskussionen habe ich gesehen, ob und was man noch machen könnte oder darf. Die scheinen mir dann aber auf hohem Niveau in dem Sinne, dass ich die Unterschiede gar nicht oder nur nach längerem Suchen erkenne. Also schieß ich jetzt einfach mal mit ein paar eigenen Grübeleien los:
Trotz Zoom bekomme ich selten direkt das gewünschte Bildfeld: für mehr Licht oder bessere Fokusbedingungen plane ich bei der Aufnahme das spätere Ausschneiden am Computer ein. Meine Bildbearbeitung beschränkte sich bisher im Wesentlichen auf leichte Drehungen und Ausschnitte. Erst in den letzten Wochen spiele ich mehr oder weniger systematisch mit Farben und all den kleine Rädchen in Apples Aperture. Während Ausschnittswahl und Aufhellung für mich gefühlt noch "realitätsnah" sind, hält mich der Gedanke an "Fälschung" von Eingriffen in Farbe, Schärfe, Kontrast ab. Und Fälschung ist irgendwie ... schlecht.

Beispiel 1: Kreuzspinne, durch das Fenster. ISO 200, 34mm(DX)

20081012 Kreuzspinne 08 1.jpg
  • NIKON CORPORATION - NIKON D70s
  • 34.0 mm
  • ƒ/4.5
  • 1/60 sec
  • Pattern
  • Auto exposure
  • ISO 200
20081012 Kreuzspinne 08 2.jpg
  • NIKON CORPORATION - NIKON D70s
  • 34.0 mm
  • ƒ/4.5
  • 1/60 sec
  • Pattern
  • Auto exposure
  • ISO 200
20081012 Kreuzspinne 08 3.jpg
  • NIKON CORPORATION - NIKON D70s
  • 34.0 mm
  • ƒ/4.5
  • 1/60 sec
  • Pattern
  • Auto exposure
  • ISO 200


Links: jpeg ohne mir bekannte Veränderungen
Mitte: drehen, positionieren des Drittelpunktes auf die "Stirn", schneiden
Rechts: "allgemeine Verbesserungen", ein pre-set von Aperture (Kontrast, Tonwerte, Kanten): die Spinne wird grell, dafür hat man mehr Spinnweben.
Ist das ein Problem der Dynamik und mit RAW besser in den Griff zu bekommen?
Je nach Drehung und Positionierung der Spinne mittig oder im Drittelpunkt links unten ließen sich noch Lauern oder Bewegung "erzählen". Bei solch vielen Möglichkeiten habe ich die Befürchtung, das "Richtige" zu übersehen. Ähnlich ergeht es mir beim Schreiben von Geschichten.


Beispiel 2: "Bergsteiger", Turmdeckelschnecke im Aquarium. ISO 800, 55mm(DX), wegen Blitzgefahr im Aquarienglas leicht schräg aufgenommen

20051020 Turmdeckelschnecke 1.jpg
  • NIKON CORPORATION - NIKON D70s
  • 55.0 mm
  • ƒ/5.6
  • 1/60 sec
  • Pattern
  • Auto exposure
  • ISO 800
20051020 Turmdeckelschnecke 3.jpg
  • NIKON CORPORATION - NIKON D70s
  • 55.0 mm
  • ƒ/5.6
  • 1/60 sec
  • Pattern
  • Auto exposure
  • ISO 800


Links: jpeg ohne mir bekannte Veränderungen
Rechts: zentrieren, schneiden, Weißabgleich, "allgemeine Verbesserungen" (Aperture wie oben)

Sehe gerade, dass die Bilderanzahl auf 6 limitiert ist. Daher habe ich das "mittlere Bild ohne Verbesserungen" ausgespart. Tatsächlich gefallen mir hier die verbesserten schärferen Steinchen. Die Verbesserungen gehen mir allerdings schon weg von der Dokumentation hin zur Präsentation (Produkt/Werbung) und das Rauschen im oberen Bildteil könnte vom Aquarienglas stammen. Ist das letztlich eine Frage wie beim Wein? Er schmeckt oder schmeckt nicht?

Beispiel 3: Sterbebildchen, unbearbeiteter Scan eines Papierabzuges, Kamera unbekannt

Norbert-Irland002.jpg


Als ich dieses Urlaubsfoto meiner Eltern das erste Mal sah, dachte ich spontan "Das geht ja gar nicht!": der läuft ja aus dem Bild raus und der See köpft ihn noch dazu. Ich habe es mir seinerzeit schön geredet, weil es ein Wanderurlaub war und das Bild auf seine Art eine gewisse Bewegung erzählt.

Das Komponieren eines Bildes ist bei mir eher intuitiv, zB dass ein sich bewegendes Tier oder eine Person in das Bild hineinläuft, wenn sie mich anschaut. Immerhin: einer der Drittelpunkte liegt hier auf dem Ellebogen.

Einige Jahre später ging mein Vater dann dort hin, wo jeder von uns irgendwann hin geht. Ein Ausschnitt des Bildes erschien in schwarzweiss mit einem einseitigen Nachruf in einer Zeitschrift. Seit dem hat das Bild mit dem Titel "Er ist von uns gegangen" einen besonderen Platz in meiner Erinnerung. Kann es sein, dass Bilder erst nachträglich "gut" werden oder bin ich hier befangen?

Wenn ich mich an den Fotokurs in der Schule so vor 30 Jahren recht erinnere, haben wir entwickelt, Ausschnitte vergrößert und dabei mit der Körnung gespielt. Aber Bilder nicht "bearbeitet". Andererseits ist das was ich in den letzten Tagen über HDR gelesen habe seit Jahrzehnten ein Standardverfahren in der Astronomie, samt Einsatz von Spezial-Filtern. Muss ich mich bei der Fotografie von Begriffen wie Realität und Dokumentation verabschieden? Ist alles erlaubt, was gefällt?

Herzlichen Gruß
Martin
 
Hallo Martin

Selbstverständlich ist alles erlaubt, was gefällt. Aus meiner Sicht sollte man nur folgendes beachten
- man sollte nicht blindlings drauf los fotografieren, mit dem Hintergedanken, dass man es durch EBV doch noch hinbiegen kann, sondern von vornherein versuchen, das Bild optimal zu gestalten.
- man muss zu seinen Änderungen stehen und das Bild nicht als ooC verkaufen

Es ist klar, dass bei der Betrachtung eines Bilds immer eine gefühlsmässige Komponente mitspielt. Und es ist mehr als verständlich, dass das Bild Deines Vaters für Dich immer eine besondere Bedeutung haben wird. Objektiv gesehen wird das Bild sicher nicht besser, aber der subjektive Eindruck kann durch Erfahrungen laufend ändern. Sicher sind auch die Geschmäcker verschieden, wie wir auch hier im Forum immer wieder an den Bilddiskussionen feststellen können.
Ausserdem ist das menschliche Auge im Zusammenspiel mit dem Gehirn der Kamera in vielen Aspekten halt immer noch haushoch überlegen. Wenn wir also von einer realistischen Darstellung sprechen, müssen wir unterscheiden zwischen dem, was das Auge wahrnimmt und dem, was die Kamera direkt im Einzelbild aufnehmen kann. Als Ziel der Darstellung kann sicher beides sinnvoll sein. Zu beachten ist nur der zweite Punkt oben.

Viele Grüsse
Jörg
 
Hallo Martin.

Anders als mein Vorredner würde ich nicht sagen, dass "alles erlaubt" ist. Es hängt vom Kontext ab, in dem das Bild präsentiert wird.

Wann immer dokumentarischer Anspruch besteht, also eine Situation anderen so gezeigt werden soll, wie sie vorgefunden wurde, verbietet sich für mich jede Bildbearbeitung, die den Inhalt betrifft. Jede Aufnahme, digital wie analog, muß "entwickelt" werden, die eine im Labor, die andere im RAW-Konverter (bzw. direkt in der Kamera, wenn man als JPEG speichert). Eine Anpassung von Helligkeit und Kontrast halte ich für legitim, wenn dadurch die Unzulänglichkeiten der Technik ausgeglichen werden. Gänzlich "verboten" finde ich jegliche inhaltliche Veränderung, z. B. das Hinzufügen oder Entfernen von Bildelementen.

Wenn nicht dokumentarisch, sondern "künstlerisch" gearbeitet wird, ist jegliche Nachbearbeitung "erlaubt", wie ich finde. Hier geht es nicht darum, einen unverfälschten Eindruck zu vermitteln, sondern bewußt eine Interpretation (man kann auch sagen: Manipulation) vorzunehmen, um eine gewisse Wirkung zu erzielen. Auch im kommerziellen Bereich (Werbung, Beauty etc.) werden heute weitgehende Freiheiten akzeptiert - was auch immer man davon hält.

Übrigens wurden Bilder schon immer "bearbeitet", das ist so alt wie die Fotografie. Und schon davor, bei der Entstehung, beeinflusst der Fotograf die Situation - unvermeidlich z. B. durch Wahl des Bildausschnitts, der Brennweite, seiner Anwesenheit etc. Heute geht es einfacher, und durch die Verbreitung der digitalen Technik wird es häufiger und oft schlechter (weil erkennbarer) angewendet.

Für mich ist entscheidend, dass mit der Bildbearbeitung kein bewußt falscher Eindruck erzeugt wird, sofern es um einen dokumentarischen Ansatz geht. Lassen sich bestimmte Anpassungen nicht vermeiden, sollten sie eindeutig gekennzeichnet werden. Wer Spaß an digitaler "Verfremdung" hat, dem sei dies natürlich freigestellt. Zumal hier in aller Regel auch ein künstlerischer Anspruch aus der Bearbeitung entsteht, was völlig legitim ist.

Grüße

Matthias
 
Hallo Martin,

zwei Themen, der Reihe nach...

Ein Bild entsteht zuerst im Kopf und dann in der Kamera, es entsteht niemals im PC oder der Bildverarbeitung, es sei denn, es handelt sich um Fotografik/Fotokunst, da liefert Pauldi hier im Forum immer exzellente Beispiele, die sind dann aber auch so vermerkt.
Ich betrachte das Bild in der Kamera aber als Rohdiamant, der noch geschliffen und poliert werden muss, damit er funkelt. Aus einem Stück Schotter wird hingegen niemals ein Edelstein, was sagen soll - ein schlechtes Bild wird am Computer zu keinem guten. Damit sind wir bei der EBV. Anpassungen von Kontrast, Schärfe, WB, Entrauschen, Tonwertkorrekturen usw. dienen der Verbesserung und sind fast immer notwendig, damit aus einem guten Bild ein hervorragendes wird. Dann aber, wenn Bildinhalte verändert werden, z.B. durch Montage, dann begeben wir uns auf den Weg der Fälschung. Die Grenzen sind fließend, man wird bei einem Fotomodell Hautunreinheiten retuschieren, das hat man immer gemacht, bei einem Wildlife Bild sind Retuschen aber sehr fragwürdig. Ein Crop ist keine Verfälschung, es dient einmal dazu auf ein günstigeres Bildformat zu gehen (statt 3:2 nach 4:3 oder 16:9) zum anderen kann es Hilfsmittel sein, den Bildinhalt zu verdichten, weil keine bessere Brennweite zur Verfügung stand. Dann aber nimmt man natürlich Qualitätsverluste in Kauf, es ist nur Mittel zweiter Wahl.

Was das Bild Deines Vaters angeht, so ist das ein gutes Beispiel dafür, dass die Zeitgeschichte einem unscheinbarem oder eher schlechtem Bild nachträglich eine ganz andere Aussage geben und es unglaublich aufwerten kann. Deshalb ist es jetzt im Kontext mit den Zusatzinformationen ein wertvolles, gutes Bild geworden.

Viele Grüße
Klaus
 
Ich versuche mal, das auseinanderzudröseln...

...bei vielen Bildern, die ich hier im Forum gesehen habe, bekam ich den Eindruck dass sie "fertig aus der Kamera" kommen, zB wenn "nur" Kamera und Objektiv genannt werden.
Ich bin ein Beispiel dafür. Mein Arbeitspferd ist eine Fuji S5 und damit photographiere ich zu 99% JPG ooC ohne weitere Bearbeitung. Sie sind einfach nicht nötig... (Die Vorbereitung für den CMYK-Offsetdruck mal ausgenommen, aber das ist ein Kapitel für sich, mit dem Amateure gewöhnlich nie in Berührung kommen.)

Auch einige Diskussionen habe ich gesehen, ob und was man noch machen könnte oder darf.
Im Sinne der EBV-Kunst oder der Werbephotographie "darf" man natürlich alles. Aber in dem Augenblick, wo es auf Authentizizät ankommt (Wildlife z.B.) gehen nur noch Tonwerte, Schärfe, Ausschnittskorrekturen (dazu später mehr) in moderatem Maß. Content-Veränderung, also Retusche, ist da ein absolutes No Go, ausgenommen natürlich Sensordreck...

Trotz Zoom bekomme ich selten direkt das gewünschte Bildfeld: für mehr Licht oder bessere Fokusbedingungen plane ich bei der Aufnahme das spätere Ausschneiden am Computer ein. Meine Bildbearbeitung beschränkte sich bisher im Wesentlichen auf leichte Drehungen und Ausschnitte.
Wie sage ich das jetzt diplomatisch? :D Das ist nach meiner Auffassung schlicht und ergreifend unsaubere, photographische Arbeit. Warum ich das so sehe, dazu kommt später noch mehr...

Erst in den letzten Wochen spiele ich mehr oder weniger systematisch mit Farben und all den kleine Rädchen in Apples Aperture. Während Ausschnittswahl und Aufhellung für mich gefühlt noch "realitätsnah" sind, hält mich der Gedanke an "Fälschung" von Eingriffen in Farbe, Schärfe, Kontrast ab. Und Fälschung ist irgendwie ... schlecht.
Fälschung ist natürlich nicht das Gelbe vom Ei. Aber eine moderate Anpassung ist durchaus o.k., wobei ich allerdings der Meinung bin, daß man so photographieren sollte, daß solche Nacharbeiten im wesentlichen gar nicht nötig sind. Die genannten Komponenten waren übrigens zu analogen Zeiten ebenfalls schon ein Thema. Warum sonst hatte ich wohl bis zu 4 unterschiedliche 64...100 ASA-Filme in der Kameratasche?

  • Einer mit neutraler, zurückhaltender Farbwiedergabe (Ektachrome EPR 64)
  • Einer mit akzentuierter Farbwiedergabe und markanterem Kontrast (Ektachrome EPP 100)
  • Einer mit einem Hauch von Gold, der nicht nur für manche Naturaufnahmen (besonders im Herbst) diente, sondern im Sommer auch ermöglichte, bis in die Mittagsstunden weiterzuarbeiten (Ektachrome EPX 100)
  • Einer für sehr markante Grün- und Blaureproduktion bei Naturphotos (Fujichrome RDP)
Diese ganze Vorratshaltung erspart mir heute die Digitalkamera: Die Wahl der Filmsimulation plus ein Dreh an Sättigung und Gradation ersetzt das ganze Kaleika: Sehr praktisch!
Bei der Nikon, die nur im RAW-Modus genutzt wird, habe ich mir entsprechende Standard-Presets eingerichtet, die dem genannten entsprechen. Weitergehende Bearbeitung ist, wie schon gesagt, fast nie nötig...
Das ganze hat nichts mit Manipulation zu tun. Es wurden einfach mehrere 5er Packs Film durch Regler ersetzt.

Beispiel 1: Kreuzspinne, durch das Fenster. ISO 200, 34mm(DX)
Links: jpeg ohne mir bekannte Veränderungen
Mitte: drehen, positionieren des Drittelpunktes auf die "Stirn", schneiden
Rechts: "allgemeine Verbesserungen", ein pre-set von Aperture (Kontrast, Tonwerte, Kanten): die Spinne wird grell, dafür hat man mehr Spinnweben.
Ist das ein Problem der Dynamik und mit RAW besser in den Griff zu bekommen?
Diese "Allgemeinen Verbesserungen" gibt es in fast allen Programmen und wie alle Automatiken gehören sie schlicht und ergreifend in die Tonne. Es ist übrigens keine Frage der Dynamik, da das Ausgangsbild diesbezüglich nicht gefordert wurde...

Je nach Drehung und Positionierung der Spinne mittig oder im Drittelpunkt links unten ließen sich noch Lauern oder Bewegung "erzählen". Bei solch vielen Möglichkeiten habe ich die Befürchtung, das "Richtige" zu übersehen. Ähnlich ergeht es mir beim Schreiben von Geschichten.
Diese nachträglichen Drehungen erzählen eben keine Geschichten. Geschichten entstehen im Sujet (durch Handlungen der Spinne!), im Auge, im Kopf, aber nicht durch nachträgliche EBV... Es ist einfach ein Bild "Spinne sitzt da...

Beispiel 2: "Bergsteiger", Turmdeckelschnecke im Aquarium. ISO 800, 55mm(DX), wegen Blitzgefahr im Aquarienglas leicht schräg aufgenommen
Links: jpeg ohne mir bekannte Veränderungen
Rechts: zentrieren, schneiden, Weißabgleich, "allgemeine Verbesserungen" (Aperture wie oben)
Auch für dieses Foto gilt das bereits gesagte.

Beispiel 3: Sterbebildchen, unbearbeiteter Scan eines Papierabzuges, Kamera unbekannt...

...Seit dem hat das Bild mit dem Titel "Er ist von uns gegangen" einen besonderen Platz in meiner Erinnerung. Kann es sein, dass Bilder erst nachträglich "gut" werden oder bin ich hier befangen?
Persönliche Momente machen einen immer befangen. Ich habe auch Bilder meiner Hunde aus der Welpenzeit, die ich als technisch mißlungen einstufe und niemals zeigen würde. Sie sind rein private Erinnerungsstücke, die für Fremde keinen Wert haben...

Wenn ich mich an den Fotokurs in der Schule so vor 30 Jahren recht erinnere, haben wir entwickelt, Ausschnitte vergrößert und dabei mit der Körnung gespielt. Aber Bilder nicht "bearbeitet". Andererseits ist das was ich in den letzten Tagen über HDR gelesen habe seit Jahrzehnten ein Standardverfahren in der Astronomie, samt Einsatz von Spezial-Filtern. Muss ich mich bei der Fotografie von Begriffen wie Realität und Dokumentation verabschieden? Ist alles erlaubt, was gefällt?
Hier geht es um rein technische Aspekte der Photographie. Astophotographie war schon immer eine spezielle Geschichte und das, was Du hier als HDR-Photographie beschreibst, ist in Wirklichkeit Deep Stacking und wurde früher mit der Composit-Technik durchgezogen, zeitintensiv, extrem materialaufwendig und damit teuer, nur von Experten handzuhaben. Auch Spektralauszüge sind seit Jahrzehnten Standard, mit Interferenzfiltern, speziell sensibilisierten Filmen (die Kodak Astroemulsionen!), mit ganzen Kamera-Arrays...
Heute ist Stacking und HDR (was etwas ganz anderes ist) entschieden einfacher geworden. Übrigens ist richtig angewandte HDR/DRI-Photographie sogar sehrrealistisch. Man darf allerdings nicht die üblichen "Spielprogramme" mit ihren Knacki-Bunti-Einstellungen benutzen, sondern muß Algorithmen anwenden, die nach wissenschaftlichen Kriterien die augenrichtige Wiedergabe errechnen, inkl. Berücksichtigung von Tag- und Nachtsehen, Luminanz- und Chrominanz-Adaption... Dafür muß man sich aber intensiv einarbeiten...

Angesichts Deiner Bildbeispiele möchte ich aber noch etwas weiter ausholen. Du erwähnst in Deinem Post das Wort "komponieren". In dem Zusammenhang fällt mir dann aber dieser Satz sehr ins Auge:
für mehr Licht oder bessere Fokusbedingungen plane ich bei der Aufnahme das spätere Ausschneiden am Computer ein.
Das liest sich für mich "mal in die ungefähre Richtung halten und schauen, ab man ein Bild darin findet..." und exakt so wirken Deine Photos. So geht das imho aber nicht...
Wie entsteht ein Bild? Die Kamera hat erst einmal gar nichts damit zu tun... Photographieren ist ein Visualisierungsprozeß... Man läuft durch die Landschaft (jetzt nur als Beispiel gedacht, das gilt für jedes Motiv) irgend etwas erregt die Aufmerksamkeit. Man nimmt etwas wahr, ein Berg, ein Fluß, ein Tal, Wald, was auch immer... Man könnte jetzt einfach draufhalten, aber das ist Knipsen, nicht photographieren. Bei näherer Betrachtung, oft auch spontan, entsteht ein Bild im Kopf, eine Interpretation der Wirklichkeit, die sich aus dem Licht heraus manifestiert. Dieses Bild, das nicht zwingend mit dem übereinstimmt, was das Auge physiologisch wahrnimmt, diese Visulisierung des Motives gilt es mit der Kamera als reinem Werkzeug umzusetzen. In diesem Prozeß haben aber Zufälligkeiten nichts zu suchen, weder in der Belichtung noch im Ausschnitt. Das Licht wird ebenso präzise interpretiert, ggf. gesetzt (auch outdoor!) und gesteuert wie der Ausschnitt gewählt wird. Letzteres erfolgt ganzheitlich, präzise (schon wieder dieses ekelhafte Wort... ;) ) auf den Punkt, und zwar nicht, indem man wild am Zoomring kurbelt, sondern, indem man gezielt eine Brennweite auswählt, die das Verhältnis von Vorder- zu Hintergrund regelt, und ebenso gezielt die notwenige Entfernung zum Motiv. Die räumliche Orientierung der Sensor- oder Filmebene im 3-dimensionalen Objektraum bestimmt die Perspektive, nicht die Brennweite. Die Gesamtheit der Gestaltungselemente und deren Verflechtungen untereinander bestimmt dann das fertige Bild, und ob dieses Bild der Visualisierung entspricht, hängt davon ab, ob man sein Equipment aus dem FF beherrscht und ein Auge für das Licht hat. Damit schließt sich der Kreis, denn das A und Ω der Photographie ist und bleibt das Licht. Das ist dann auch der Grund, warum man, wenn das Licht nicht 100%ig gestimmt hat, mit der EBV nachträglich herumhexen kann wie man will, es wird nie ein wirklich gutes Bild ergeben.
Oder anders ausgedrückt:
Photographieren bedeutet "Mit Licht zeichnen", nicht "Pixel schrubben"...

Gruß
Wolf
 
Wowww!
Vielen Dank für eure Beiträge!

Allen euren Beiträgen entnehme ich, dass man sich vor dem Belichten klar darüber sein sollte, was wiedergegeben bzw manipuliert werden soll. Mit dem Nachdenken habe ich weniger Probleme, eher mit den Grenzen der vorhandenen Technik bzw meinen Kenntnissen derselben. Ich schätze, daran läßt sich mit Übung und passender Ausrüstung arbeiten.

Inzwischen habe ich hier im Forum Kreuzspinnen gefunden, aufgenommen mit Micro 60mm und Micro 105mm. Ich bin beeindruckt, über die Details, die damit wiedergegeben werden können. Ich hatte schon länger das Gefühl, dass meine vorhandenen Objektive ergänzt werden müssten. Der lokale Händler schlug mir allerdings gestern vor, ich sollte erstmal sehen, ob mir nicht eine Nahlinse genügen würde anstelle eine teuren Makros. :kopfkratz:

Jörg,
Wenn wir also von einer realistischen Darstellung sprechen, müssen wir unterscheiden zwischen dem, was das Auge wahrnimmt und dem, was die Kamera direkt im Einzelbild aufnehmen kann.
Im Falle der Dokumentation möchte ich natürlich, dass jemand anderes auf dem Bild das sieht, was ich mit dem Auge wahrgenommen habe. Stichwort Interpretation. Muß ich mich von dem Gedanken verabschieden, oder hilft da Übung und Ausrüstung?

Matthias,
an inhaltliche Veränderung hatte ich in meinem Eingangsposting gar nicht gedacht. Aber gut, dass Du darauf zu sprechen kommst. Anstelle von "Fälschung" hätte ich vielleicht das Wort "Verfälschen" verwenden sollen. Du erwähnst die Brennweite als Gestaltungsmittel. Ich erinnere mich dunkel, dass man mit hohen Brennweiten sehr stark verdichten kann, zB entlang einer Häuserfront "verschwinden" die Lücken zwischen den Häusern. Ich hoffe, ich verstehe Dich richtig, dass dies (bei Dir) unter interpretierende Dokumentation fallen würde und nicht unter inhaltliche Veränderung.

Klaus,
Ich betrachte das Bild in der Kamera aber als Rohdiamant, der noch geschliffen und poliert werden muss, ... bei der EBV. Anpassungen von Kontrast, Schärfe, WB, Entrauschen, Tonwertkorrekturen usw. dienen der Verbesserung und sind fast immer notwendig, damit aus einem guten Bild ein hervorragendes wird. Dann aber, wenn Bildinhalte verändert werden, z.B. durch Montage, dann begeben wir uns auf den Weg der Fälschung.
Montage hatte ich gestern gar nicht im Sinn. Mein Fehler. Ich hätte Verfälschen oder Verschlimmbessern schreiben sollen. Ich "fürchte", das ist Erfahrung und Übung, dass man es mit der EBV (Anpassungen) nicht übertreibt bzw sie richtig einsetzt. Kann es helfen, sich nach den Aufnahmen möglichst schnell an den Bildschirm zur EBV einzufinden, damit man die Eindrücke der mit dem Auge gesehenen Farben noch parat hat?

kann es Hilfsmittel sein, den Bildinhalt zu verdichten, weil keine bessere Brennweite zur Verfügung stand. Dann aber nimmt man natürlich Qualitätsverluste in Kauf, es ist nur Mittel zweiter Wahl.
Tja, Nahlinsen oder ein Makro scheinen jetzt erste Wahl zu sein. Und "2. Wahl" eine neue Kamera, die mich von ISO 200 auf 100 bringt. (ja, Objektive und ISO machen keine besseren Bilder, aber bessere crops :D )


Wolf,
uiuiuiuiui! besonderen Dank fürs Zersäbeln von Text und Bildern!

Mein Arbeitspferd ist eine Fuji S5 und damit photographiere ich zu 99% JPG ooC ohne weitere Bearbeitung. Sie sind einfach nicht nötig
Freut mich zu hören 1) dass das möglich ist (und lässt mich hoffen) 2) von einem Profi.

Aber in dem Augenblick, wo es auf Authentizizät ankommt (Wildlife z.B.) gehen nur noch Tonwerte, Schärfe, Ausschnittskorrekturen ... in moderatem Maß.
notiert. eher zu wenig als zu viel.
Wie sage ich das jetzt diplomatisch? Das ist nach meiner Auffassung schlicht und ergreifend unsaubere, photographische Arbeit. Warum ich das so sehe, dazu kommt später noch mehr...
Im Falle der Spinne und der Schnecke (die stellvertretend für viele meiner Bilder stehen) fielen das 30mm und das 70-300 raus oder die Schnecke wäre weg gewesen, bis ich den SB800 auf Stativ und das Tele aufgerödelt hätte. *rausred*
Könnten wir uns anstelle von "unsaubere, photographische Arbeit" auf "unpassende Ausrüstung" einigen? Oder muß ich einfach nur lernen, mein vorhandenes Material (s. Profil) handzuhaben?

Danke für den Rückblick auf die verschiedenen Filmtypen. Alles an was ich mich im Farbbereich erinnern kann war die Beratung im Laden: "Sie brauchen den für was? Urlaub? Ich habe da ein Angebot." Ich hatte in der Schulzeit zeitweise 3 Filme dabei: s/w, Farb und Dia. Das WEchseln empfand ich dann aber als lästig und teurer insbesondere, wenns beim Wechseln mal daneben ging.

Die Wahl der Filmsimulation plus ein Dreh an Sättigung und Gradation ersetzt das ganze Kaleika ...
Bei der Nikon, die nur im RAW-Modus genutzt wird, habe ich mir entsprechende Standard-Presets eingerichtet,
Bezieht sich die beiden Sätze auf Einstellungen an der Kamera vor dem Belichten oder an Regler bei der EBV? (Mit Filmsimulation würde ich spontan den ISO Schalter verbinden. Oder ist da noch mehr an der Kamera zu simulieren?)

Diese nachträglichen Drehungen erzählen eben keine Geschichten. Geschichten entstehen im Sujet (durch Handlungen der Spinne!), im Auge, im Kopf, aber nicht durch nachträgliche EBV...
Au Backe, der Zahn ist raus. :)

Zitat:
für mehr Licht oder bessere Fokusbedingungen plane ich bei der Aufnahme das spätere Ausschneiden am Computer ein.
Das liest sich für mich "mal in die ungefähre Richtung halten und schauen, ab man ein Bild darin findet..."
Oha... So war das nicht gemeint. Ich habe mir dieses Verfahren angewöhnt, weil ich 1) vermutlich keine passendere Brennweite / Abbildungsmaßstab zur Verfügung habe und 2) weil ich bisher noch nix dazu gefunden habe, wie ich das mit dem vorhandenen 18-55mm besser hinbekommen könnte.

und exakt so wirken Deine Photos.
schnüff. Aber gut, das Du es sagst und auch die vielen Anregungen dazu geschrieben hast.
indem man gezielt eine Brennweite auswählt, die das Verhältnis von Vorder- zu Hintergrund regelt,
Ich fürchte, über dieses Verhältnis weiß ich gar nichts oder ich verstehe gerade nicht, was gemeint ist. Würde mich über ein oder zwei Links zu Erläuterungen freuen.

Photographieren bedeutet "Mit Licht zeichnen", nicht "Pixel schrubben"...
Ich werde es weder zum Künstler bringen noch hab ich etwas fürs Putzen übrig. Aber manchmal "sehe ich Dinge", die ich gerne vermitteln würde und vielleicht ist es das, was Du mit Visualisieren beschrieben hast. Seit etwas mehr als drei Jahren befasse ich mich mit dem Schreiben von Geschichten, weil ich "Dinge sehe", die ich für andere erlebbar machen will. In dieser Zeit habe drei vorzeigbare Kurzgeschichten zustande bekommen. Wenn ich in drei Jahren drei Bilder im Sinne von vorzeigbar hinbekomme, würde ich mich freuen. :)

Also an alle nochmals herzlichen Dank für eure Beiträge!
Herzlichen Gruß
Martin

Als Nachklapp eine Visualisierung (wenn das Wort hier richtig interpretiert ist) vom heutigen Abendspaziergang um den Block. Die Kamera und das 30mm kamen mit für einen Panorama Test. Nach dem Test wollte ich dann noch an anderer Stelle einen gewohnten Ausblick "gedankenlos knipsen": saftige Weide, Bauernhof mit rotem Dach, Hochhaus mit grauen Waschbeton-Platten, weites Tal. Während des Knipsens näherte ich mich dem Motiv zu Fuß und sah irgendwann im Kopf den Kontrast das Motives in schwarz/weiss: Bauernhof und Wohnsilo. Bildausschnitt 1:1. Ich werde es im Herbst vielleicht noch mal mit kahlen Bäumen versuchen.

Reh-sw-Mai.jpg
  • NIKON CORPORATION - NIKON D70s
  • 30.0 mm
  • ƒ/1.8
  • 1/320 sec
  • Spot
  • Auto exposure
  • -1
  • ISO 200
 
Im Falle der Dokumentation möchte ich natürlich, dass jemand anderes auf dem Bild das sieht, was ich mit dem Auge wahrgenommen habe. Stichwort Interpretation. Muß ich mich von dem Gedanken verabschieden, oder hilft da Übung und Ausrüstung?
Anhang anzeigen 25665
Übung und sicher teilweise auch die richtige Ausrüstung hilft sicher (die richtige fürs passende Motiv, nicht unbedingt die teuerste). Aber ich denke, dass auch für die Dokumentation das Bild nicht zwingend genauso aussehen muss, wie Du es wahrgenommen hast. Einerseits kann die Kamera weniger als das menschliche Auge, andererseits hat sie auch Möglichkeiten, die der Mensch so einfach nicht hat (vor allem das Spiel mit Brennweite, Blende und Belichtungszeit).

Bei Deiner Visualisierung passt für mich die Schwarzweiss-Konvertierung nicht. Das Bild würde eher durch den Fabrkontrast (grüne Wiese-rotes Dach) wirken, der bei der Konvertierung leider völlig verloren geht. Evtl. würde es helfen, bei der Konvertierung an den einzelnen Farbkanälen zu drehen, aber da überlasse ich genauere Vorschlägen anderen Forumsmitgliedern, die mehr davon verstehen als ich.

Viele Grüsse
Jörg
 
Hallo,

wegen Makro und Nahlinsen möchte ich was schreiben. Ich fotografiere mit beidem und habe dazu auch noch irgendwann mal Zwischenringe gekauft. Es kommt drauf an, wie groß Du abbilden möchtest. Gute Resultate hatte ich auch mit einem Tamron 55-200 und einem 2-Dpt.Achromat oder meinem kleinen 50er 1.8 mit einem Achromaten. Meine größten Vergrößerungen habe ich mit einer Bridgekamera und einer Raynox-Linse erreicht. Man kann da schon einiges machen. Fotografiere ich jedoch Blümchen, dann liebe ich mein Makroobjektiv - auch weil es so ein wunderbares Bokeh hat. Ich habe aber auch schon die Achromaten auf das Makro geschraubt, um einen größeren Abbildungsmaßstab zu erhalten. Achromaten sind eine feine Sache, aber sie ersetzen meiner Meinung nach ein richtiges Makroobjektiv nicht.

Viele Grüße

Susanne
 
Freut mich zu hören 1) dass das möglich ist (und lässt mich hoffen) 2) von einem Profi.
Freu Dich nicht zu früh! :D
Meine Anmerkung über JPG ooC gilt nur und ausschließlich für die FujiFilm S5 pro, deren JPG-Engine einmalig ist. RAW photografiere ich mit dieser Cam nur ab 3200 ASA, wenn ich das absolute Maximum rauskitzeln oder bis runde 8000 ASA pushen will. Bis 2500 ASA gewöhnlich aber nur JPG ooC mit gelegentlichen kleinen Korrekturen in der Schattenreproduktion unter extremen Bedingungen, um Bilder leichter druckbar zu machen... Letzteres geht mit dem GIMP-Plug-in Shadow/Highlights problemlos und ohne Qualitätsverlust...
Wie ich in Deinem Profil sehe, hast Du die Nikon D70s. Das ist eine feine Kamera, auch heute noch, die ich ebenfalls habe und wegen ihres riesigen Gamuts (AdobeRGB reicht nicht, diese Cam auszureizen!) immer noch professionell einsetze (besonders, wenn ich eine markante Wiedergabe der Farben von Rot bis Gelb brauche oder im IR- und UV-Bereich photographiere, und wenn ich eine sehr steile Gradation brauche). ABER: Die D70s ist eine lupenreine RAW-Kamera, die bei JPG-Photographie an viel zu wenig Eingangsdynamik krankt. Das hängt natürlich auch von der Art der Motive ab. Wer mehr oder minder grundsätzlich dramatische Lichtsituationen mit hohen Kontrasten meidet, hat auch bei D70s-JPGs gewöhnlich keine Probleme. Aber wenn's Licht komplizierter wird, braucht man alles an DR, was man kriegen kann und das sind bei D70s-RAWs knappe 11 EV bei Basis-ASA, die bis 1600 ASA auf runde 8 EV absinken (daß hängt auch ein bißchen vom RAW-Konverter und dem Workflow ab), woraus folgt, daß man mit der D70s auch die RAWs sehr sauber belichten muß. Der Punkt ist, daß ich schwierige, ja extreme Lichtverhältnisse geradezu suche und das führte mich seinerzeit zur S5 und nicht zur D300 oder D700... Und dann wäre da noch die Hautton-Wiedergabe und die spezielle Fuji-Farbanmutung... :rolleyes:

Im Falle der Spinne und der Schnecke (die stellvertretend für viele meiner Bilder stehen) fielen das 30mm und das 70-300 raus oder die Schnecke wäre weg gewesen, bis ich den SB800 auf Stativ und das Tele aufgerödelt hätte. *rausred*
Könnten wir uns anstelle von "unsaubere, photographische Arbeit" auf "unpassende Ausrüstung" einigen? Oder muß ich einfach nur lernen, mein vorhandenes Material (s. Profil) handzuhaben?
Bei ausgesprochenen Spezialgebieten wie Makro-Photographie bekommt das Equipment natürlich mehr Bedeutung. Aber Nahphotographie bis 1:3 kannst Du mit Deinem Equipment schon betreiben, was für dicke, fette Kreuzspinnen (Mit den 8 Beinen bis zu 4 cm groß!) mit ihrem Habitat schon reicht. Wenn Du allerdings Makrophotographie zu Deinem Kernthema machen möchtest, geht an Makro-Objektiven kein Weg vorbei...
Grundsätzlich ist Dein Equipment ausreichend für 90% der photographischen Anwendungen... Nur als Anmerkung: Mein Brennweitenbereich langt von 18 mm bis 210 mm inkl. eines 60er Micro Nikkors und eines 100 mm Componon-S am Balgen. Gemessen an durchschmittlichen Amateur-Ausrüstungen regelrecht bescheiden, aber mehr brauche ich (derzeit) nicht...

Alles an was ich mich im Farbbereich erinnern kann war die Beratung im Laden: "Sie brauchen den für was? Urlaub? Ich habe da ein Angebot." Ich hatte in der Schulzeit zeitweise 3 Filme dabei: s/w, Farb und Dia. Das WEchseln empfand ich dann aber als lästig und teurer insbesondere, wenns beim Wechseln mal daneben ging.
Eben ein typischer "Fachverkäufer"... Die Sorte kenne ich... :lol:
Übrigens ist der Wechsel zwischen SW- Colornegativ und Diafilm kontraproduktiv, genauer zwischen Farbe und SW kontraproduktiv, wenn man nicht sehr viel Erfahrung hat. Das bedingt nämlich ein komplettes Umschalten der visuellen Wahrnehmung. Wer in SW photographieren will, muß in SW denken. SW bedeutet die vollständige Visualisierung der Tonwertumsetzungen inkl. der Wirkung allfälliger, optischer Filter und die Reduktion auf Licht, Schatten und Formen...

Bezieht sich die beiden Sätze auf Einstellungen an der Kamera vor dem Belichten oder an Regler bei der EBV? (Mit Filmsimulation würde ich spontan den ISO Schalter verbinden. Oder ist da noch mehr an der Kamera zu simulieren?)
Die Filmsimulationen sind Bestandteil der Kamera resp. des fujispezifischen (!) RAW-Konverters (es gibt keinen anderen Konverter, der Fuji-RAWs korrekt interpretiert, definitiv keinen, egal was im Web kolportiert wird!). Mit ASA hat das nichts zu tun, sondern mit der Tonwertwiedergabe, die an analoges Fuji-Film-Material angelehnt ist und mit keinem anderen Equipment ohne gewaltigen (!) Aufwand zu erreichen ist...

Oha... So war das nicht gemeint. Ich habe mir dieses Verfahren angewöhnt, weil ich 1) vermutlich keine passendere Brennweite / Abbildungsmaßstab zur Verfügung habe und 2) weil ich bisher noch nix dazu gefunden habe, wie ich das mit dem vorhandenen 18-55mm besser hinbekommen könnte.
Guter Rat: Gewöhn Dir diese Methode ganz schnell wieder ab, die führt in eine Sackgasse!

Ich fürchte, über dieses Verhältnis weiß ich gar nichts oder ich verstehe gerade nicht, was gemeint ist. Würde mich über ein oder zwei Links zu Erläuterungen freuen.
Mir sind keine Links bekannt, die wirklich qualifiziert darauf eingehen. Grundsätzlich gilt, daß bei gleichem Abbildungsmaßstab eine längere Brennweite weniger des Hintergrundes einfängt und diesen kontraktiert und vice versa. Das hängt damit zusammen, daß unter diesen Bedingungen mit der längeren Brennweite ein größerer Abstand gewählt werden muß, was gleichbedeutend mit einer Veränderung der Perspektive ist. Deswegen haben Makrospezialisten ja nicht nur ein Makro-Objektiv, sondern deren oft 3 oder 4, nämlich von 35 mm bis 200 mm. Es ist ein Unterschied, ob bei einem in 1:2 photographierten Insekt noch ein Großteil des Habitats angedeutet wird oder ob es vollständig aus seiner Umgebung herausisoliert wird. Viele bevorzugen letzteres, ich gehöre zu denen, die Wert auf die Einbeziehung des Lebensraums legen...

Ich werde es weder zum Künstler bringen noch hab ich etwas fürs Putzen übrig. Aber manchmal "sehe ich Dinge", die ich gerne vermitteln würde und vielleicht ist es das, was Du mit Visualisieren beschrieben hast. Seit etwas mehr als drei Jahren befasse ich mich mit dem Schreiben von Geschichten, weil ich "Dinge sehe", die ich für andere erlebbar machen will. In dieser Zeit habe drei vorzeigbare Kurzgeschichten zustande bekommen. Wenn ich in drei Jahren drei Bilder im Sinne von vorzeigbar hinbekomme, würde ich mich freuen. :)
Visualisierung ist eine Kunst, denn sie erzeugt das fertige Bild und seine Wirkung auf den Betrachter im Kopf vor der Aufnahme. Der Rest ist nur Werkzeug zur Umsetzung, ähnlich wie Stift, Papier oder PC bei Deinen Geschichten. Das Werkzeug selber ist niemals kreativ, egal, was die Werbetexter fabulieren. Die ganze Kamerawerbung ist so gesehen ein schlechter Witz, denn sie suggeriert, daß man mit dem Kauf der neusten xyz-Kamera zum Photographen wird, der automatisch Meisterwerke schafft. Aber auch eine 6000 € Cam, "die alles kann", ist in der Hand dessen, der nicht photographisch sehen kann, völlig nutzlos, ein toter Gegenstand...

Nach dem Test wollte ich dann noch an anderer Stelle einen gewohnten Ausblick "gedankenlos knipsen": saftige Weide, Bauernhof mit rotem Dach, Hochhaus mit grauen Waschbeton-Platten, weites Tal. Während des Knipsens näherte ich mich dem Motiv zu Fuß und sah irgendwann im Kopf den Kontrast das Motives in schwarz/weiss: Bauernhof und Wohnsilo. Bildausschnitt 1:1. Ich werde es im Herbst vielleicht noch mal mit kahlen Bäumen versuchen.
Ich verstehe, worauf Du hinauswolltest... Auf dem Bild ist schlicht zuviel drauf (die Wiese vorne ist völlig überflüssig), die Beleuchtung trübe und die Dramatik des Gegensatzes fehlt völlig.
"Weites Tal" läßt sind in dieser Position und bei diesem Licht nicht darstellen, dafür sorgt u.a. schon der Bodenbewuchs, der das Blickfeld wieder einengt... Außerdem wäre dafür ein anderer Schnitt nötig.
Um den Gegensatz herauszuarbeiten, hätte ich hier mit einer langen Brennweite von einem deutlich weiter entfernten und höher gelegenen Punkt gearbeitet (wenn's denn geht...), um den Fachwerkbau und den Betonklotz aneinanderzuziehen und gleichzeitig den Blick in die Ferne zu öffnen und "Weite" (eigentlich "Verlorenheit?") zu erzeugen.
Auch ist die SW-Umsetzung hier sehr unglücklich. Hier muß gefiltert werden (ich würde ein Gelbrün Nr. 11 oder 13 wählen, evtl. sogar ein Grün Nr. 58; Man kann das auch mit dem Kanalmixer machen, aber das ist nicht dasselbe...) um zu einer Differenzierung zwischen Ziegeldach und Wiesengrün zu kommen. So verläuft alles Grau in Grau und von einem Spannungbogen im Bild, der durch Gegensätze erzeugt wird, ist nichts zu spüren...

Eine Anmerkung noch zum Thema "Vorsatzlinsen"...
Einfache Vorsatzlinsen taugen nichts: Vergessen.
Wenn überhaupt, dann Vorsatzachromate, die aus gutem Haus mal schnell 100 € kosten. Die sollen auch kein Makroobjektiv ersetzen, sondern dienen in erster Linie dazu, Zoomobjektive in einen erweiterten Nahbereich zu bringen, schlicht und ergreifend, weil auszugsverlängernde Mittel bei Zooms ein No Go sind: Man verliert massiv Arbeitsabstand und vor allem jegliche Parfokalität.
Außerdem benutzt man sie, um bei für die Ferne korrigierten Objektiven, die an Zwischenringen o.ä. betrieben werden, den optimalen Korrektionszustand wiederherzustellen (Kollimatoreffekt).

Zu guter Letzt:
Ein Bild ist dann gut, wenn es beim betrachter genau die Stimmung erzeugt, die der Photograph geplant hat... ;)

Gruß
Wolf
 
Jedes Bild ist ein Bild, es kommt halt drauf an, wie Du es siehst und was Du damit ausdrücken willst. Wenn Dich die Aufnahme fesselt, Du suchst und für eine Zeit so gefesselt bist, dann ist es für Dich ein Bild. Willst Du aber der Allgemeinheit mit deinem Bild was sagen, solltest Du einen guten Bildtitel wählen, der den Betrachter lenkt und ihn auf "die Spur" bringt. Geziehlt mit "fotografischen Fehlern" arbeiten, ColourKey, Akzente setzen, Unschärfen in Szene setzen.
Andererseits könnte man mit einer Sprühflasche das Spinnennetz leicht besprühen, um das Netz als Beiwerk einzubauen. In wie weit das Deiner fotografischen Ethik entspricht, mußt Du für Dich ausmachen. Haubtsache Dir gefällt es und im Falle eies Wettbewerbes, das es den Regularien entspricht. Und genau hier liegt der Hase im Pfeffer oder ist es das Salz in der Fotografie-Suppe. Spass macht, was Dir gefällt.

Gruß, Stefan
 
...Willst Du aber der Allgemeinheit mit deinem Bild was sagen, solltest Du einen guten Bildtitel wählen, der den Betrachter lenkt und ihn auf "die Spur" bringt.
O ha, das ist "Futter" für mich... ;)
Wenn ein Bild das nötig hat, dann hat es seine Wirkung verfehlt. Ein gutes Bild packt den Betrachter und löst, wie ich oben formulierte, beim Betrachter die Stimmung aus, die beabsichtigt war... Man kann mit einem guten Titel ein Werk abrunden (99,9% der Aussage müssen vom Bild selbst kommen!), aber er darf auf keinen Fall nötig sein, um den Betrachter mit der Nase drauf zu stoßen, was man gemeint hat...
Bei Landschaftsaufnahmen z.B. sollte man es m.E. grundsätzlich beim deskriptiven Titel belassen, ebenso bei rein dokumentarischen Aufnahmen: "Was/wer, wo, wann"...

Geziehlt mit "fotografischen Fehlern" arbeiten, ColourKey, Akzente setzen, Unschärfen in Szene setzen.
Color Key, den habe ich in den 90ern hassen gelernt, also die EBV aufkam, und die Color Key Masche buchstäblich überschwappte. CK, wohin man sah, als wenn es nichts anderes gäbe... Der Punkt ist, daß, wenn man den CK abzog, nichts mehr übrig blieb, daß auch nur eine irgendwie geartete Aussage beinhaltete. L'art pout l'art, die schlechteste Begründung für irgendwelche Tricksereien, die aus einem schlechten Foto kein gutes Bild machen...
Akzente setzt man primär mit der Lichtführung, mit selektiver oder raumfüllender Schärfe, mit der Lage der Schnittschärfenebene und des Schärfenkeils (bei der Fachkamera), mit Perspektive und Bedeutungsperspektive...
CK mag ich heute noch nicht. Ich habe noch kein Foto gesehen, bei dem er tatsächlich die (schon vorhandene!) Bildaussage unterstrichen hätte. Diese Technik rangiert für mich unter Gimmicks...

Andererseits könnte man mit einer Sprühflasche das Spinnennetz leicht besprühen, um das Netz als Beiwerk einzubauen.
Die Sprühflasche auf das Spinnennetz ist nicht nur eine (massive!) Fälschung, sondern auch meteorologisch/ökologischer Unsinn. Wenn ein Spinnennetz trocken ist, sind die Umweltbedingungen so, daß sich kein Tauniederschlag bilden konnte oder dieser schon verdampft ist. Das aber sieht man auch an der gesamten Umgebung, an den Pflanzen, an allfällig sichtbarer Bodenstreu, am Licht, an der Lichtstimmung... Jeder, der tief in der Natur verankert ist, sieht das sofort... Sprühen hat die gleiche Qualität wie der Feuerwehrschlauch als Regen in einem B-Movie, beim dem man im HG das trockene Wetter und die Leute im T-Shirt sieht. Morgentlicher Tau oder Regen wirkt sich auf den kompletten Objektraum aus, mit allen sich daraus ergebenden Folgen...

Gruß
Wolf
 
Danke zusammen.

Jörg,
an dem Abend habe ich tatsächlich auch am Regler mit grün und rot gespielt und bin auf eine nette Mordillo Variante gestoßen: das Grün bis zum Anschlag runter und das rot etwas mehr (graues Häusermeer, ein buntes Dach, der Hausbesitzer wird gerade abgeführt). Aber da es im Zusammenhang mit dem Stichpunkt Visualisierung nicht das war, was ich beim belichten im Kopf hatte, wäre es im Sinne meines Eingangspostings eine "Fälschung" gewesen. Ich hänge am Ende dieses postings mal einen Versuch dran.

Susanne,
interesante Infos aus der Praxis. Neben Natur möchte ich auch "Produkte" (z.B. Münzen, Briefmarken, Modellbau) mit 1:1 aufnehmen, vielleicht sogar größer (Natur). Ich verstehe Dich so, dass sich Nahlinsen, Zwischenringe und Makroobjektive jeweils für verschiedene Dinge (nicht) eignen. Da muß ich mich wohl rein arbeiten. Ich sehe in Deinem Profil dass Du Kameras mit verschiedenen Sensor-Formaten hast. Auch wenn es nicht mehr in dieses topic gehört, würde mich Deine Einschätzung zur Beziehung von Format und Makro interessieren. Aus dem Bauch heraus würde ich meinen, dass eine FX dafür besser ist, als eine DX. Ist vermutlich schon wo anders diskutiert worden. Würde mich über einen Link freuen.

Wolf,
freue mich zu hören, dass meine Kamera "immer noch" professionell ist. Nachdem ich seit 2005 nur jpeg gemacht habe, habe ich im April auf RAW umgestellt und habe mir vorgenommen, das Gerät besser kennen zu lernen. Vielen Dank für die Details zur D70s. Schön, dass sie Rot bis Gelb mag. Ich auch, besonders bei Sonnenuntergängen auf Sandstein am Strand. :)
RAW-Konverter: ich habe nur Aperture3 zur Hand und nehme da das D70s Default.

Über die S5 habe ich wikipediert. Beeindruckend, auch wenn ich nicht mal die Hälfte davon verstehe.

Nachdem ich 2005 alles gekauft und quasi nichts gelernt habe, spornt mich der Blick in Deine Ausrüstung an, nun erst einmal zu lernen und nur behutsam zu ergänzen.

Übrigens ist der Wechsel zwischen SW- Colornegativ und Diafilm kontraproduktiv, genauer zwischen Farbe und SW kontraproduktiv, wenn man nicht sehr viel Erfahrung hat. Das bedingt nämlich ein komplettes Umschalten der visuellen Wahrnehmung. Wer in SW photographieren will, muß in SW denken. SW bedeutet die vollständige Visualisierung der Tonwertumsetzungen inkl. der Wirkung allfälliger, optischer Filter und die Reduktion auf Licht, Schatten und Formen...
Ich hatte die verschiedenen Filme damals als sparsamer Schüler und Student über mehrere Wochen bis Monate *hüstel*. Da war schon Zeit zum Umdenken. Allerdings war ich nie so weit, dass ich Filter benutzt habe (abgesehen von UV und Pol).

... diese Methode ... führt in eine Sackgasse!
Ich weiss ja, dass ich drin bin und suche einen Weg nach draussen.

Es ist ein Unterschied, ob bei einem in 1:2 photographierten Insekt noch ein Großteil des Habitats angedeutet wird oder ob es vollständig aus seiner Umgebung herausisoliert wird. Viele bevorzugen letzteres, ich gehöre zu denen, die Wert auf die Einbeziehung des Lebensraums legen...
Ich vermute, das sind zwei verschiedene Ansätze. Wenn ich ein Kolibri beim Schnabulieren sehe, dann gehört die Blüte und ein wenig mehr dazu. Wenn ich mich für das Auge eines Insektes interessiere, ist maximal dessen Kopf gewissermassen das Habitat des Auges. Oder so.

Auf dem Bild ist schlicht zuviel drauf (die Wiese vorne ist völlig überflüssig), die Beleuchtung trübe und die Dramatik des Gegensatzes fehlt völlig.
"Weites Tal" läßt sind in dieser Position und bei diesem Licht nicht darstellen, dafür sorgt u.a. schon der Bodenbewuchs, der das Blickfeld wieder einengt... Außerdem wäre dafür ein anderer Schnitt nötig.
Um den Gegensatz herauszuarbeiten, hätte ich hier mit einer langen Brennweite von einem deutlich weiter entfernten und höher gelegenen Punkt gearbeitet (wenn's denn geht...), um den Fachwerkbau und den Betonklotz aneinanderzuziehen und gleichzeitig den Blick in die Ferne zu öffnen und "Weite" (eigentlich "Verlorenheit?") zu erzeugen.
Ich werde versuchen, Deine Tips zu Bildfeld, Aufnahmepunkt und Brennweite in den nächsten Wochen als Hausaufgabe zu bearbeiten. Ein höherer Aufnahmepunkt ist eventuell möglich, aber dann bräuchte ich vermutlich die 1100mm, die ich noch hier rumstehen habe.
Auch ist die SW-Umsetzung hier sehr unglücklich. Hier muß gefiltert werden (ich würde ein Gelbrün Nr. 11 oder 13 wählen, evtl. sogar ein Grün Nr. 58; Man kann das auch mit dem Kanalmixer machen, aber das ist nicht dasselbe...) um zu einer Differenzierung zwischen Ziegeldach und Wiesengrün zu kommen. So verläuft alles Grau in Grau und von einem Spannungbogen im Bild, der durch Gegensätze erzeugt wird, ist nichts zu spüren...
Das mit den Filtern bezieht sich auf eine Analogkamera? Bei der D70s bin ich noch keinem s/w Knopf begegnet. Das habe ich in Aperture als 1-click.

Allerdings sehe ich jetzt zwei verschiedenen Varianten:
1) s/w-Malerei von Bauernhof und Wohnsilo
2) rot-grün Spiel, wie auch von Jörg empfohlen

Dein letzter Absatz ist viel Fachchinesich. Meine Vermutung (bei Susannes Antwort) zum unterschiedlichen Einsatz von Linse und Makro erkenne ich aber bestätigt. Das Fachvokabular werde ich mir auch noch aufdröseln. (soll keine negative Kritik sein. Ich bin froh, die Fachworte zu kennen. Wie oft habe ich Fragen, aber kenne nicht die passenden Begriffe)

Ein Bild ist dann gut, wenn es beim betrachter genau die Stimmung erzeugt, die der Photograph geplant hat...
Ich hatte es befürchtet. :z02_respekt: Das ist (übersetzt) genau die Definition einer "guten Geschichte".

Stefan,
einen guten Bildtitel wählen, der den Betrachter lenkt und ihn auf "die Spur" bringt.
Meinst Du so etwas in der Art von "Bergsteiger" für meine Turmdeckelschnecke? Ich könnte mir vorstellen, dass solche Titel "funktionieren", wenn sie einer gezeigten Situation ein weiter Bedeutung geben, ähnlich wie bei einem Wortspiel. Wenn es aber ein Objekt ist, das für sich selbst sprechen soll, kann es auch daneben gehen, denke ich.
Spass macht, was Dir gefällt.
Was wäre ein Hobby ohne Spass an der Freud'? Den Punkt mit der Ethik behalte ich aber auch beim Hobby im Auge oder im Sucher. Dein Beispiel mit dem besprühten Netz ist gut. Wenn man ein SpinnenNetz um seiner selbst willen zeigen wollte, warum nicht mit Wässerchen und Messerchen preparieren. Ist ein gängiges Verfahren in der Biologie. Andererseits dürfte es eine Herausforderung/Hausaufgabe sein (zumindest für mich), ein Netz einzig unter Einbezug der Sonne photographisch zu "preparieren".

Abschließend nochmals Danke an alle und das Häuserbild in rot(+)/grün(-). Zm besseren Vergleich habe ich nicht geschnitten.

Gruß
Martin

20120503 Hof rotgrün.jpg
  • NIKON CORPORATION - NIKON D70s
  • 30.0 mm
  • ƒ/1.8
  • 1/320 sec
  • Spot
  • Auto exposure
  • -1
  • ISO 200
 
RAW-Konverter: ich habe nur Aperture3 zur Hand und nehme da das D70s Default.
...
Das mit den Filtern bezieht sich auf eine Analogkamera? Bei der D70s bin ich noch keinem s/w Knopf begegnet. Das habe ich in Aperture als 1-click.
Taugt nichts für SW und schon gar nicht dazu, die D70s zu 100% auszureizen (die marktüblichen Konverter schaffen imho gerade mal 70%...). Nimm UFRaw/GIMP und arbeite Dich da ein (ist sehr viel unbequemer, aber in puncto Erreichbarem auch sehr viel leistungsfähiger, weil Du Parameter beeinflussen kannst, die in den anderen Programmen nicht mal erwähnt werden...
Aber Du muß das Programm auf Deine Kamera "kalibrieren":
Weißpunkt und RGB-118-Punkt (50% vis Grau) per Basekurve festlegen, Schwarzpunkt mit Linearity festlegen (Du brauchst also 3 Justierungsraws, ein pechschwarzes, ein bei korrekter WB nach belichtungsmesser belichtetes, ein völlig ausgebranntes/übersättigtes. Das "Motiv" ist eine gleichmäßig weiße Fläche), korrektes ICC Eingangsprofil (mit der zur Kamera gehörigen CNX Software einmal alle Profile erzeugen und übernehmen!), Zielprofil grundsätzlich BetaRGB oder größer (die D70s sprengt AdobeRGB und sRGB ist eh ein schlechter Witz)...
Konvertierungsalgorithmus AHD plus "Colorsmoothing"...
Bei Farbphotos nur schwach entrauschen. In UFRaw selbst bis 400 ASA gar nicht, bei 800 ASA mit "1o", bei 1600 ASA mit "20". In GIMP mit "Wavelet-Denoising" im Cb- und Cr- Kanal ab 800 ASA nach Sicht entrauschen, den Y-Kanal in Ruhe lassen! Schärfung auf jeden Fall kantenspezisch unter Schonung der Flächen...

Das mit den Filtern bezieht sich auf eine Analogkamera? Bei der D70s bin ich noch keinem s/w Knopf begegnet. Das habe ich in Aperture als 1-click.
Das mit den Filter meine ich wörtlich: Glasfilter auf dem Objektiv. Der Verlängerungsfaktor der Filter muß mit einer Minuskorrektur kompensiert werden, bei Bandpass-Filtern bereinigt um die Grundabsorbtion.
Der Kanalmixer ist kein Ersatz dafür, egal was im Web behauptet wird, eine 1-click-Konvertierung schon gar nicht.
In UFraw wird dafür "Colorsmoothing" ausgeschaltet, ohne Filter nach Leuchtdichte, mit Filter nach Wert konvertiert...
Einen Nachteil will ich aber nicht verschweigen: Digitalkameras sind bis auf die S5 extrem schwach in den Lichtern. Bei Zone VIII½ ist Schluß, ein Film geht je nach Entwicklung bis deutlich über XII...
Bei SW nicht entrauschen!

Über die S5 habe ich wikipediert. Beeindruckend, auch wenn ich nicht mal die Hälfte davon verstehe.
Da steht nicht mal ⅓ von dem, was die Cam leistet und was da steht, ist teilweise falsch. Die Bilder werden nicht kameraintern auf 12 Mpx hochinterpoliert, die S5 ist ein nativer 12 Mpxler, der auf einem besonderen Demosaicing des CCD-SR-Snsors aufbaut. Aus dem Grund gibt es definitv keine Non-Fuji-Software, die die RAF-Files korrekt handhabt, egal, was im Web an Halbwissen verbreitet wird... Die Cam ist auch keine reine "Hochzeits-Kamera", ich nutze sie als Allrounder... Aber das ist ein anderes Kapitel...

Gruß
Wolf
 
Matthias,
[...]Ich erinnere mich dunkel, dass man mit hohen Brennweiten sehr stark verdichten kann, zB entlang einer Häuserfront "verschwinden" die Lücken zwischen den Häusern. Ich hoffe, ich verstehe Dich richtig, dass dies (bei Dir) unter interpretierende Dokumentation fallen würde und nicht unter inhaltliche Veränderung.

Hallo Martin.

Freut mich, dass Du Dich so rege an der Diskussion beteiligt. Gegen Wolf ist das nicht ganz einfach, er hat fast immer Recht :) Aber im Ernst: seine Ergebnisse mit S5 und D70 zeigen sehr eindrucksvoll, was auch ältere Technik zu leisten vermag, wenn man es versteht, sie auszureizen.

Zu Deiner Frage von oben: Die Wahl einer Brennweite ist beim Fotografieren unvermeidlich, somit steht auch eine Entscheidung an, was ich wie zeigen will. Für viele bedeutet Brennweite nur "viel oder wenig auf dem Bild". Das ist nachvollziehbar, weil am offensichtlichsten, aber nur ein Teil der Wahrheit. Der Bildwinkel bestimmt, wieviel vom Hintergrund mit abgebildet wird, die Darstellung unterschiedlich weit entfernter Objekte ändert sich massiv: Ein Weitwinkel "übertreibt" die Größe der Elemente im Vordergrund und entzerrt die räumliche Ausdehnung, ein Tele hingegen komprimiert, es rückt Bildelemente näher zusammen. Kennt man diese Bildwirkung, kann man sie konstruktiv einsetzen, um die gewünschte Bildaussage zu erhalten.

Damit ist man dann auch schon bei der Manipulation, die natürlich auch mit unlauteren Absichten erfolgen kann. Angenommen, auf einem großen Platz stehen 10 Demonstranten, Du als Fotograf 10 m entfernt. Mit einem Weitwinkel sieht man viel leere Fläche und ein paar verlorene Gestalten. Mit einem Tele kannst Du Dir einen Demonstranten und die Schultern seiner (beiden) Nachbarn herauspicken, vielleicht noch unscharf die Person dahinter. Welche Aufnahme spiegelt nun die vorgefundene Situation "richtig" wider?

Damit will ich nur sagen, nicht jede Manipulation ist vermeidbar. Die Absicht zählt: will ich die Situation bestmöglich darstellen, oder eine (evtl. von der Realität abweichende) Aussage provozieren?

Grüße

Matthias
 
[...]Dein Beispiel mit dem besprühten Netz ist gut. Wenn man ein SpinnenNetz um seiner selbst willen zeigen wollte, warum nicht mit Wässerchen und Messerchen preparieren. Ist ein gängiges Verfahren in der Biologie.Anhang anzeigen 25756

Hallo Martin,

ich nochmal.

Für mich verbieten sich solche Eingriffe in den Lebensraum. Zum einen kann ich nicht ausschliessen, dass ich dem Tier damit schade (wie sagte der Tierfotograf Moose Peterson noch so richtig: "Kein Bild ist es wert, das Wohlbefinden des Tieres dafür zu gefährden."), zum anderen ist es eine Veränderung der vorgefundenen Situation, es ist gestellt, nicht mehr authentisch.

Es tauchen immer wieder solche Bilder auf: Frosch/Schnecke sitzt auf Fliegenpilz etc. Das Ende vom Lied ist dann, dass Tiere in der Kühltruhe soweit "ruhig gestellt" werden, dass man sie problemlos in eine beliebige Umgebung setzen und ablichten kann. Für mich ein absolutes No-go.

In die gleiche Richtung geht für mich z. B. auch das Anfüttern wilder Tiere. Ein derartiger Eingriff in Gewohnheit und Lebensraum der Tiere ist für mich schlicht illegitim.

Grüße

Matthias
 
Hallo Matthias,

nur kurz ... (habe eine deadline für eine Geschichte :) )

Freut mich, dass Du Dich so rege an der Diskussion beteiligt.
Huch? Ich habe das Fass doch aufgemacht. Eine Diskussion vom Zaun brechen und dann einfach gehen? Das widerspräche meiner Ethik.

Allerdings kann es aufgrund diverser Verpflichtungen oder Interessen dazu kommen, dass ich plötzlich für einige Zeit "verschwunden" bin. Aber so lange ich nicht "Auf Wiedersehen" gesagt habe, bin ich grundsätzlich da."

Herzlichen Gruß
Martin
 
Auf Matthias' Post hin greife ich das noch einmal raus:

Forticus schrieb:
Dein Beispiel mit dem besprühten Netz ist gut. Wenn man ein SpinnenNetz um seiner selbst willen zeigen wollte, warum nicht mit Wässerchen und Messerchen preparieren. Ist ein gängiges Verfahren in der Biologie. Andererseits dürfte es eine Herausforderung/Hausaufgabe sein (zumindest für mich), ein Netz einzig unter Einbezug der Sonne photographisch zu "preparieren".

und auch meine erste Antwort darauf:

[quote="Grauer Wolf]Die Sprühflasche auf das Spinnennetz ist nicht nur eine (massive!) Fälschung, sondern auch meteorologisch/ökologischer Unsinn. Wenn ein Spinnennetz trocken ist, sind die Umweltbedingungen so, daß sich kein Tauniederschlag bilden konnte oder dieser schon verdampft ist. Das aber sieht man auch an der gesamten Umgebung, an den Pflanzen, an allfällig sichtbarer Bodenstreu, am Licht, an der Lichtstimmung... Jeder, der tief in der Natur verankert ist, sieht das sofort... Sprühen hat die gleiche Qualität wie der Feuerwehrschlauch als Regen in einem B-Movie, beim dem man im HG das trockene Wetter und die Leute im T-Shirt sieht. Morgentlicher Tau oder Regen wirkt sich auf den kompletten Objektraum aus, mit allen sich daraus ergebenden Folgen...[/quote]

Aus beiden und Matthias' Statement ergibt sich, daß solche Eingriffe durchaus zum Nachteil des betroffenen Tieres sein können (es könnte sein, daß die von der Spinne verwendeten Kleb-Proteine zumindest teilweise wasserlöslich sind und damit durch die Einnässung die Fängigkeit des Netzes verloren geht -> Spinne schiebt Kohldampf...) und jemand, der sich mit den Erscheinungen der Natur sehr gut auskennt, den Trick sofort erkennt...
Wir befinden uns eben nicht in einem Biologielabor, in dem präpariert wird. Echtes, lupenreines Wildlife heißt, es wird mit dem gearbeitet, was man vor Ort vorfindet, inkl. des Lichtes, nichts hinzugefügt, nichts weggenommen (außer evtl. herumliegendem Müll, der mitgenommen und in die nächste Tonne expediert wird... ;) )...
Sobald man etwas ändert, fällt so ein Bild unter "Controlled Conditions". Das ist grundsätzlich nichts schlimmes, aber selbst dabei verbietet sich ein Eingriff in den Lebensablauf des Tieres.
CC heißt für mich maximal, die äußeren Umstände günstiger einzurichten, also mal ein störendes Blatt wegnehmen, oder für freie Sicht einen Ast vorübergehend (!) beiseitezubinden, ohne ihn zu beschädigen, und kontrollierte Lichtführung durch Reflektoren oder Blitz. Aber wie gesagt, das ist dann nicht mehr lupenreines "Wildlife" unter AL-Bedingungen, und wenn's geht, vermeide ich selbst so kleine Eingriffe...
Aufnahmen, die der Werbung o.ä. dienen, sind natürlich ein anderes Thema. Aber auch hier greift in jedem Fall der Tier- resp. Artenschutzaspekt *), in puncto Lichtführung wird jedoch alles angewandt, was für die beabsichtigte Verwendung nötig ist...

Gruß
Wolf



*) Das gilt sogar für meine Hundephotos:

"Tierschutz-Vorbehalt
Sollte bei uns der Eindruck aufkommen, daß der Hund durch das Photographieren starkem Streß ausgesetzt wird, wird das Shooting abgebrochen. Dem Kunden entstehen dann keine Kosten. Maßgeblich ist dabei allein unser Urteil.
"

Darüber ist mit mir auch nicht zu diskutieren... ;)
 
Auch wenn sich das nun anhört, als ob ich mich rausreden wollte ...
ich hatte tatsächlich nur an das Netz als solches gedacht. Ein intaktes Netz ohne "Spinne zu Hause" ist allerdings recht theoretisch, das räume ich ein. Typischerweise trage ich Spinnen auch behutsam nach draußen (mit Glas und Deckel), wenn ich eine im Haus finde. Oder lasse sie einfach in Ruhe ihrer Tätigkeit nachgehen, wenn sie nicht weiter stören.
 
Hallo Martin.

Ich hatte das auch nicht als Vorwurf gegen Dich gemeint. Leider sind viele Fotografen (auch Naturfotografen, die es besser wissen sollte) sehr rücksichtlos, wenn es darum geht, "das perfekte Bild" zu bekommen. Angefangen vom Schaffen eines freien Schußfelds (dass den Tieren die Deckung nimmt), über Anfüttern bis zu meines Erachtens schon kriminellen Handlungen. Ich habe selbst beobachtet, dass ein Hundehalter seine Töle auf Enten hetzte und ihn dabei fotografierte. Ich war leider zu weit weg, um einzugreifen - vielleicht auch besser so, sonst wäre ich jetzt vielleicht vorbestraft ... So mußte ich es bei einer Anzeige belassen, schade eigentlich ...

Aber das führt uns weg vom eigentlichen Thema ...

Was schwarzweiß angeht, arbeite ich folgendermaßen: Ich stelle die Kamera auf den SW-Modus ein, da ich dann schon auf dem Display einen Eindruck bekomme, ob ich meiner Vorstellung vom Bild näher komme. Da ich immer RAW-Dateien speichere, kann ich am Rechner wieder zurück zum Farbbild und das Foto in der Nachbearbeitung nach meinen Vorstellungen konvertieren.

Grüße

Matthias
 
Danke, Leute, Ihr sprecht mir so aus der Seele. Ich glaube, im Makrobereich wird gerne getrickst, um besonders eindrucksvolle Fotos zu bekommen. Ich fotografiere nur das, so wie ich es vorfinde. Fertig. Allerdings gestehe ich, dass ich unsere Gartenvögel füttere, und dann auch gerne schon mal ein Foto schieße. Draußen irgendwo würde mir das wohl aber eher nicht einfallen. Aber ich erinnere mich zu gut an zahlreiche Fotos kämpfender Bussarde im Winter an so einer Futterstelle. Nur für ein spektakuläres Bild die Vögel so einem Stress auszusetzen, das finde ich nicht okay.

Viele Grüße

Susanne
 
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