Hallo Mirco und alle anderen,
man sollte es kaum glauben, aber Canon experimentiert ziemlich viel herum und lässt sich mitunter Sachen einfallen, die keiner braucht, einfach um zu zeigen, dass es geht (Stichwort "Canon Pellix": Damals gut gedacht, aber erst fast 30 Jahre später mit der RT und RS brauchbar umgesetzt). Canon baute die erste funktionfähige Autofokuskamera schon 1963, zu EOS-Zeiten gab es die Steuerung per Strichcode (EOS 10, EOS 100), die Weichzeichnung durch Doppelbelichtung (SF-Mode in 1000FN) und Kompaktkameras ("SOL") mit Solarantrieb...
Auch die Rückwärtsbelichtung der Filme (EOS 1000 usw, EOS 750, EOS 850 und einige weitere vierstellige Modelle der 3xxx-er und 5xxx-er Serien) gehören zu den Experimenten, mit denen Canon den Nutzwert für den Massenmarkt erhöhen wollte. Als Nutzer einer EOS 1/1N/1V/RS oder EOS 3 wird man kaum in die Verlegenheit kommen, mit einer EOS 1000 zu fotografieren (es sei denn, man braucht mal für Schnappschüsse eine kleine Taschenkamera ohne Motorklotz, aber mit z.B. einem klitzekleinen 2,8/28 und eingebautem Blitz). Viele Fotoeinsteiger haben sich aber damals eine EOS 1000/1000F/1000N/1000FN mit oder ohne QD(Datum) gekauft, weil sie günstig und idiotensicher zu bedienen war.
Dazu gehörte auch, dass man mal wochenlang kein Foto machte und dann tatsächlich zu Ostern mit dem an Weihnachten begonnenen Film weitermachte. Und es gibt tatsächlich Leute, die gehen mit Kameras eher unkompliziert um und gucken tatsächlich nach, ob noch ein Film drin ist, indem sie die Rückwand aufmachen. Upps, da war ja doch noch einer, naja, schnell wieder zumachen.... Das kleine Filmfenster, durch das man sehen kann, ob eine patrone eingelegt ist, erkennen manche Seltenfotografierer nicht als solches.
Und die Zeiten einer F-1, in der es noch einen wirklich separaten Sperrknopf gab, ohne den zu drücken niemand eine F-1-Rückwand aufbekam (einfach Kurbelziehen geht nicht), sind vorbei. Selbst die mit der T 70 vor 30 Jahren eingeführte und dann von allen EOS-Kameras übernommene neue Rückwandentriegelung (Taste drücken, Schieber schieben) ließ sich relativ schnell mit nur einem Finger im Vorbeiwischen betätigen. Mir selbst ist es passiert, dass ich eine geladene EOS 50 geöffnet habe, weil ich beim Anfassen des gehäuses an diese Entriegelung gekommen bin. Natürlich war ein Film drin und natürlich war es bei Tageslicht.
Die Bilder zeigen eine EOS 1000FN, die im Design angelehnt ist an die damals professionelle (als Zweitgehäuse zur EOS1) Kamera EOS 5 (im Hintergrund, weltweit erste mit Augensteuerung des Autofokus).
(Zum Trost: Wenn man dann wirklich sofort wieder zumacht, ist nicht gleich alles verloren. Der belichtete Teil des Filmes liegt an der Seite mit dem Scharnier, wo derDeckel noch ziemlich weit geschlossen ist und die äußeren Filmwickel schützen die früher belichteten Bilder. In der Regel sind dann 3 - 4 Bilder hin und die Ränder einiger weiterer Fotos. Wie gesagt: Nicht gleich verzweifeln sondern auch noch den Rest belichten und dann entwickeln.)
Und für einen solchen Fall war die Rückwärtsbelichtung der Canon-Cameras vom Schlage einer EOS 1000 gedacht: Falls mal jemand die Rückwand versehentlich aufmacht, sind die bereits belichteten Fotos schon wieder in der Patrone verschwunden und nur der unbelichtete Film ist noch rechts auf der Aufwickelspule. Den kann man dann natürlich vergessen, weiterbelichten ist sinnlos.
Danach kamen dann die Digitalkameras und das Thema hat sich bei Canon vernachlässigt.
Übrigens machen die 1000er-Modelle, so leicht man sie belächeln kann, durchaus Sinn: Sie machen Musik (Mozart usw) beim Selbstauslösen und was wichtiger ist, ist die erwähnte zuschaltbare Softfokus-Funktion: Die Kamera macht schnell hintereinander zwei Belichtungen aufein Filmbild, eine richtig scharfgestellte und eine leicht unscharfe hinterher. Zur optimalen Wirkung werden mittlere und längere Brennweiten empfohlen. Davor und danach gabs das in EOS-Film-Kameras niemals wieder, bei EOS-digital ist es nur eine Frage der Zeit oder sogar schon irgendwo versteckt mit eingebaut. Die aktuellen Kameras sind so überladen, dass es schwierig wird, alle Funktionen im Blick zu behalten.
Schöne Grüße,
Thomas