Hallo Ando,
ja auf den ersten Blick macht so ein Halter wenig Sinn. Mal montiert, aber schon.
Der Hauptzweck ist die deutlich stabilere und gegen Verdrehen deutlich besser gesicherte Befestigung.
Canon TLb im Kamerahalter F-3
Stativgewinde sind empfindlich, einmal die Schraube falsch angesetzt oder versehentlich zu tief hineingedreht, kann es schon beschädigt sein. Auch der Kameraboden ist nicht bei allen Gehäusen so stabil, dass er ein festes Anziehen verträgt, je nach Oberfläche der Stativplatte, die auch Dellen hinterlassen kann. Außerdem ist die Auflagefläche tiefer als ein Kameragehäuse, der Kontakt zum Stativ besser.
Außerdem befinden sich an allen Kamerahaltern auch Staivbuchsen an der Schmalseite der Kamera, so dass diese leicht und absolut fest auf Hochformat montiert werden kann. Das gilt besonders für Stative, die nur eine Zwei-Wege-Verstelung haben oder wo es aus anderen Gründen schwer möglich ist, die Kamera hochformatig zu positionieren. Vor allem aber ist gerade bei der Hochformatmontage über die normale Stativbuchse der Kamera die Gefahr sehr groß, dass die Kamera sich wegen des Objektivgewichts oder aus Unachtsamkeit verdreht.
Auf dem
Übersichtsfoto ist eine Auswahl von Kamerahaltern, die Canon ab etwa 1950 produziert hat.
- Canon - Canon EOS-1D Mark II
- 40.0 mm
- ƒ/9
- 1/40 sec
- Manual exposure
- ISO 400
Auswahl der Kamerahalter von Canon
Die linke Reihe zeigt die Halter der R-Serie für Canonflex-Kamers zwischen 1959 und 1964. Auffällig ist beim Modell R-2 noch die große Aussparung am Boden, die nötig wurde wegen des am Kameraboden angebrachten Filmaufzugs der ersten drei Modelle. Das letzte Canonflex-Modell, die RM, hatte dann als erste Canon SLR einen Daumen-Aufzugshebel.
Die mittlere Reihe zeigt drei der vier F-Halter. Sie wurden angeboten für Kameras ab der FX (April 1964) und wurden immer wieder angepasst, unter anderem wegen der Stativbuchsen und der Rückspulentriegelungsknöpfe, die von Modell zu Modell ihre Lage veränderten. Bei den R-Modellen waren die Montageschrauben noch in einer Bohrung fixiert, bei der F-Serie ist man dem Problem entgegengekommen, in dem sich die Schraube in bogenförmigen Schlitzen verschieben und so an verschiedene Positionen anpassen lässt.
Das Modell F-3 hat den Vorteil, dass sich auch mit montiertem Halter der Film wechseln lässt. Bei den vorherigen Modellen umschloss der Halter das Gehäuse U-förmig, so dass die Rückwand nicht zu öffnen war, ohne die Kamera herauszunehmen. Außerdem lässt sich hier der Winder A mit montieren, alle anderen Kameraantriebe passen in keinen der bis hier genannten Halter, die nur für nackte Gehäuse konzipiert sind. Das Modell F-3 (im Katalog 1980) hat den Vorteil, dass es damals das universellste Modell war und mit allen Kameras ab der FX genutzt werden konnte. (Das von Ando zitierte Modell F-4 habe ich gerade nicht zur Hand zum Vergleich, ich schätze, es wurde für die F-1New angepasst).
Aufs Extrem getrieben ist die Vorbereitung auf verschiedene Kameramodelle im Scharfstellschlitten (Focusing Rail) rechts hinten im Bild, der zur Montage am Reprostativ dient und ein exaktes Scharfstellen (Schärfeeinpendeln) bei Makroaufnahmen erlaubt (übrigens auch auf dem normalen Stativ praktisch). Dieses Teil musste für alle Kameramodelle tauglich sein und deshalb hat es drei Schlitze und auch noch zwei große Löcher, in denen man die Kamera dann mehr oder weniger gut befestigen kann. Halten tut es jedoch auch da. Beim Halter F-4 wurde das erleichtert durch eine Unterlegscheibe.
Probleme machen am Focusing rail die "jüngeren" Kameras wie F-1 New mit Motor oder die T90 wegen ihrer gewölbten Gehäusekanten und des Motorhandgriffs, der in der zentralen Position keine parallele Anlage an der Vorderkante mehr erlaubt.
Schwierig ist es bei der T90, weil sie einen zweifach gerundeten Boden hat. Dafür hat Canon noch eine Extra Positionierungshilfe 90 entwickelt, die aber nichts ist im Vergleich mit den massiven Metallkonstruktionen der früheren Halter. Es ist wirklich nur eine dünne, biegsame Kunststoffschiene, die den richtigen Abstand hält und durch angefederte Zungen soeben am Gehäuse festhält. Richtig befestigt wird durch ein Loch hindurch nach wie vor am Kameraboden. Das Teil ist selten und extrem überteuert. Aber wenn man's braucht, braucht man's eben für bestimmte Aufnahmen.
Positionierungshilfe der T90 am Fokussierschlitten
Das T-90-Teil hat übrigens an der Vorderseite zwei winzige Einbuchtungen, die die Position am Focusing Rail andeuten und dort auch passen. (Bild 3)
Passen sollten sie eigentlich auch an der Blitzschiene für die F-1-alt-Blitze 533G und 577G, doch dort liegen sie daneben. Es scheint eine schnell gestrickte Notlösung von Canin gewesen zu sein, deren Notwendigkeit sich erst in der Praxis ergab.
Geradezu genial ist dagegen der erste Kamerahalter für die Canon-Kameras mit M39-Schraubobjektiven (vorne rechts in der Übersicht). Er blieb lange unverändert im Programm, den ersten habe ich für 1950 gefunden, möglicherweise sind sie noch älter. Dieser Halter für Kameras bis 1955 hat fünf (!) verschiedene Gewindebohrungen für alle denkbaren Fotografierpositionen und eine eingebaute Wasserwaage, was danach nie wieder kam. Diese Vielzahl war offenbar nötig, weil es damals noch nicht so flexible Stative wie heute gab (z.T. nur mit eingeschränkt beweglichen Kugelköpfen) und sie zudem (in den Amateurversionen) nicht sehr belastbar waren.
LG, Thomas