grauer_wolf
Gesperrt
So, mal sehen, daß ich das auf die Reihe kriege und nichts verwechsele oder vergesse...
Meiner Meinung nach ist eine solche Ausbildung sogar hinderlich bei der Suche nach der eigenen Sehweise, dem eigenen Stil. Wenn ich mir vorstelle, irgendso ein Meister der Handwerkskammer würde mir sagen, wie ich z.B. meine Waldphotos machen soll, bekäme ich die Krise. Photographieren heißt "wahrnehmen", die Welt beobachten, darüber reflektieren und die eigenen Gedanken und Emotionen mit dem Licht zu verflechten und in Bilder umzusetzen. Mit dem Repetieren von irgendwelchen Formeln, Farbharmonien, Entwicklerrezepten, Standardausleuchtungen, dem Goldenen Schnitt, Photoshop-Kniffen usw.usf. ist es da nicht getan, ebenso wenig wie das Erlernen des "Portraitierens" im Laden, in der Berufsschule, in neudeutsch Workshops dazu befähigt, gute Portraits zu machen, was imho heißt, der Persönlichkeit auf den Grund zu gehen, in Interaktion mit seinem Model, dem Menschen vor der Kamera zu treten etc.
Um mal bei meinen Waldfotos zu bleiben, Du hättest keine Chance, diese Art der Fotografie schulmäßig zu erlernen, weil Du nicht ich bist. Natürlich könntest Du Dir ein paar Kniffe bezüglich Belichtungsmessung, Fokussierung o.ä. aneignen. Aber alles, was darüber hinausgeht, ist Dir grundsätzlich für immer verschlossen, denn dazu müßtest Du meine Gedanken, meine Emotionen, meine Naturphilosophie annehmen. Du müßtest sogar meine Einstellung zum Leben, zum Universum, ja sogar zu religiösen Bezügen, meine Persona übernehmen, was auf bewußter Ebene unmöglich ist. Du kannst einfach nicht wie ich reagieren, wenn Du das Rauschen der Wälder, das Kläffen eines Fuchses oder gar das Heulen der Wölfe hörst, wenn Du weit abseits der Wanderwege durch die Natur streifst oder Dich im Gebirge in potentiell tödliche Gegenden begibst und das Erlebte, ja das Leben selbst in die Bilder miteinbeziehst.
Das kann Dir keine Fotoschule der Welt vermitteln...
In dem Augenblick, in dem ich abkupfere, schaffe ich keine guten Bilder mehr, denn ich negiere die Aspekte meiner eigenen Persönlichkeit. Was bliebe, wären eben nur bloße Kopien, nur Plagiate.
Beispiel:
Ansel Adams "El Capitan", "Moonrize over Hernandez" oder "Clearing Winterstorm" sind Dir bestimmt ein Begriff. Jedes Jahr versuchen unzählige Amateurfotografen exakt nach alten Karten und Notizen diese Fotos nachzuahmen...
...und scheitern. Da nützt auch die Anschaffung einer Großbildkamera nix, nicht die Beschaffung des selben oder wenigstens ähnlichen Filmmaterials und das Zusammenmixen des gleichen Entwicklers. Sie müssen zwangsweise scheitern, weil sie nicht das sahen, was Adams vor seinem geistigen Auge sah, weil sie nicht fühlten, was er zu diesem Zeitpunkt fühlte. Wahre Photographie, also nicht einfach nur ablichten, ist weit jenseits des Handwerklichen in erster Linie Emotion, die in die Bilder einfließt, einfließen muß.
Ich könnte in diesen Gegenden Bilder schaffen, die einem Adams qualitativ in nichts nachstehen, aber sie wären anders, weil ich die Welt anders sehe. Vollständig nachahmen könnte ich den Meister nicht, denn dazu sind wir zu verschieden.
Akzente oben, unten, rechts, links, mittig, was auch immer... Immer wieder der Versuch, alles zu kategorisieren, in Regeln zu packen. Ein Bild ist eine ganzheitliche Sache und läßt sich nicht analytisch zerpflücken. Tut man es trotzdem, nimmt man ihm imho seine Seele.
Oberer Bildteil dunkel -> Beklemmende Wirkung... Mag sein... Bei mir jedenfalls nicht. Ich habe sehr düstere Bilder der Subarktis (teilweise auch hier gezeigt), die wirken auf mich eben nicht düster und beklemmend wie auf so manche Betrachter, die dabei eine Gänsehaut bekamen, sondern voller Leben und Kraft wie die Urgeschichte, wie die Schöpfung der Erde selbst.
Ich habe auch schon gelesen und selbst erlebt, daß manche Menschen beim Anblick dunkler Wälder sowohl life als auch als Bilder Beklemmungsgefühle bekommen. Für mich ein Unding, ich fühle mich selbst in abgelegenen, nächtlichen Wäldern zuhause und geborgen, viel mehr als es in einer Stadt jemals sein könnte.
Das alles, eine ganze Philosophie, fließt in meine Bilder mit ein, ist die ureigenste, individuelle Handschrift, die den "Wolf" ausmacht. Nicht vermittelbar und nicht erlernbar...
Fazit: Meine "Lehrer" waren niemals Handwerks-Meister, andere Künstler oder sonstige Vorbilder, sondern immer nur die Natur, das Licht selbst. Sie lehrten mich zu sehen respektive das vorhandene, angeborene, innere AUGE zu öffnen und zu benutzen....
So weit ein paar ungeordnete Gedanken... Ist ein weites Feld...
Gruß
Wolf
Da bist Du meiner Meinung nach schon auf dem Holzweg. Eine ganze Reihe der ganz großen Photographen sind Quereinsteiger aus anderen Disziplinen und haben nie eine formale Photographenausbildung gehabt. Ansel Adams, Jim Rakete, Edward Steichen, Edward Weston, Jim Brandenburg, Henri Cartier-Bresson, Frans Lanting, um nur einige wenige zu nennen, keiner hat m.W. eine formale Ausbildung. Wozu auch?@Grauer Wolf: das man das fotografischen Sehen nicht lernen kann, halte ich für absolut falsch. Ich glaube, dass die meisten großen und bekannten Fotografen eine astreine Ausbildung von unten nach oben durchlaufen haben und sich sehr wohl mit Bildgestaltung, Bildwirkung, Geometrie und Farbenspiel beschäftigt haben.
Meiner Meinung nach ist eine solche Ausbildung sogar hinderlich bei der Suche nach der eigenen Sehweise, dem eigenen Stil. Wenn ich mir vorstelle, irgendso ein Meister der Handwerkskammer würde mir sagen, wie ich z.B. meine Waldphotos machen soll, bekäme ich die Krise. Photographieren heißt "wahrnehmen", die Welt beobachten, darüber reflektieren und die eigenen Gedanken und Emotionen mit dem Licht zu verflechten und in Bilder umzusetzen. Mit dem Repetieren von irgendwelchen Formeln, Farbharmonien, Entwicklerrezepten, Standardausleuchtungen, dem Goldenen Schnitt, Photoshop-Kniffen usw.usf. ist es da nicht getan, ebenso wenig wie das Erlernen des "Portraitierens" im Laden, in der Berufsschule, in neudeutsch Workshops dazu befähigt, gute Portraits zu machen, was imho heißt, der Persönlichkeit auf den Grund zu gehen, in Interaktion mit seinem Model, dem Menschen vor der Kamera zu treten etc.
Um mal bei meinen Waldfotos zu bleiben, Du hättest keine Chance, diese Art der Fotografie schulmäßig zu erlernen, weil Du nicht ich bist. Natürlich könntest Du Dir ein paar Kniffe bezüglich Belichtungsmessung, Fokussierung o.ä. aneignen. Aber alles, was darüber hinausgeht, ist Dir grundsätzlich für immer verschlossen, denn dazu müßtest Du meine Gedanken, meine Emotionen, meine Naturphilosophie annehmen. Du müßtest sogar meine Einstellung zum Leben, zum Universum, ja sogar zu religiösen Bezügen, meine Persona übernehmen, was auf bewußter Ebene unmöglich ist. Du kannst einfach nicht wie ich reagieren, wenn Du das Rauschen der Wälder, das Kläffen eines Fuchses oder gar das Heulen der Wölfe hörst, wenn Du weit abseits der Wanderwege durch die Natur streifst oder Dich im Gebirge in potentiell tödliche Gegenden begibst und das Erlebte, ja das Leben selbst in die Bilder miteinbeziehst.
Das kann Dir keine Fotoschule der Welt vermitteln...
Weil ich ich bin und nie nach Regeln gelernt habe, niemals lernen wollte. Natürlich habe ich ein sehr solides, handwerkliches Rüstzeug, das muß sein, um seine Ideen und Wahrnehmungen in Bilder umzusetzen. Aber das habe ich mir als unwesentlichen Teil nebenher angeeignet. Ich schaue mir auch sehr gerne Bilder anderer, guter Fotografen an, aber nicht zum "Abkupfern", sondern weil ich ein visuell orientierter Mensch bin, der in Bildern denkt, die Welt in Bildern sieht und auch gerne sieht, wie andere die Welt photographisch wahrnehmen.Und das kann man lernen, schau Dir Fotos an, die Dich bewegen, auf denen Du visuell kleben bleibst und frage Dich warum das so ist. So mache ich es für mich ganz allen. Man kann gezielt, durchaus nach einem Muster, gute Bilder schaffen. Und solche Muster kann man lernen, man kann auch sagen abkupfern. Wieso wird das von Dir so hartnäckig bezweifelt???
In dem Augenblick, in dem ich abkupfere, schaffe ich keine guten Bilder mehr, denn ich negiere die Aspekte meiner eigenen Persönlichkeit. Was bliebe, wären eben nur bloße Kopien, nur Plagiate.
Beispiel:
Ansel Adams "El Capitan", "Moonrize over Hernandez" oder "Clearing Winterstorm" sind Dir bestimmt ein Begriff. Jedes Jahr versuchen unzählige Amateurfotografen exakt nach alten Karten und Notizen diese Fotos nachzuahmen...
...und scheitern. Da nützt auch die Anschaffung einer Großbildkamera nix, nicht die Beschaffung des selben oder wenigstens ähnlichen Filmmaterials und das Zusammenmixen des gleichen Entwicklers. Sie müssen zwangsweise scheitern, weil sie nicht das sahen, was Adams vor seinem geistigen Auge sah, weil sie nicht fühlten, was er zu diesem Zeitpunkt fühlte. Wahre Photographie, also nicht einfach nur ablichten, ist weit jenseits des Handwerklichen in erster Linie Emotion, die in die Bilder einfließt, einfließen muß.
Ich könnte in diesen Gegenden Bilder schaffen, die einem Adams qualitativ in nichts nachstehen, aber sie wären anders, weil ich die Welt anders sehe. Vollständig nachahmen könnte ich den Meister nicht, denn dazu sind wir zu verschieden.
Da haben wir's schon. Nach solchen Regeln arbeite ich niemals, denn sie würden mich gefühlsmäßig einschränken. Ich reagiere auch nicht in der beschriebenen Weise auf Bildinhalte und deren Anordnung. Dazu kommt noch, daß ich mich auch mit japanischer Kunst, Kultur und Schrift und mit den Aspekten der Höhlenmalerei (da gibt es fasziniernde, tief berührende Bilder und die Menschen, die diese Bilder schufen, waren m.M.n. große Künstler!) befaßt habe, also keineswegs auf die europäische Sehweise eingeschworen bin.Stefan K schrieb:Nochmal zu "meiner" Fotoschule: Bei uns wurde nicht mit dem erhobenen Zeigefinger gelehrt, sondern uns erklärt, wie ein Bild in unserer westeuropäischen Sichtweise "gelesen" wird und was man daher beachten sollte. Kleines Beispiel aus dem Skript: "Horizonte im oberen Drittel:
"Während der Akzent im oberen Drittel eher eine positive Stimmung vermittelt und Leichtigkeit erzeugt, wirkt die Horizontale einengend, drückend, schwer, beklemmend. Dieser Effekt wird verstärkt, wenn der obere Bildteil vorwiegend dunkel gestaltet ist. Je weiter aus der Mitte heraus platziert, desto stärker wird diese Wirkung. Ist der obere Bildteil hell gestaltet, stellt sich eher das Gefühl von Ferne und Unerreichbarkeit oder auch Erhabenheit (Podestwirkung) ein. Insgesamt wirkt das Bild gedrückt und geschlossen."
Wie schon oben geschrieben: Das ist so unsere Art, ein Bild zu "lesen". In arabischen Ländern ließt man ja auch von Rechts nach Links, im Asiatischen Raum eher von Oben nach Unten. Daher kann das gleiche Bild in verschiedenen Kulturkreisen andere Gefühle erwecken.
Die Fotoschule, die ich besucht habe, arbeitet mehr mit den wissenschaftlichen Erkentnissen aus der Werbebranche(Eye-tracking)
Akzente oben, unten, rechts, links, mittig, was auch immer... Immer wieder der Versuch, alles zu kategorisieren, in Regeln zu packen. Ein Bild ist eine ganzheitliche Sache und läßt sich nicht analytisch zerpflücken. Tut man es trotzdem, nimmt man ihm imho seine Seele.
Oberer Bildteil dunkel -> Beklemmende Wirkung... Mag sein... Bei mir jedenfalls nicht. Ich habe sehr düstere Bilder der Subarktis (teilweise auch hier gezeigt), die wirken auf mich eben nicht düster und beklemmend wie auf so manche Betrachter, die dabei eine Gänsehaut bekamen, sondern voller Leben und Kraft wie die Urgeschichte, wie die Schöpfung der Erde selbst.
Ich habe auch schon gelesen und selbst erlebt, daß manche Menschen beim Anblick dunkler Wälder sowohl life als auch als Bilder Beklemmungsgefühle bekommen. Für mich ein Unding, ich fühle mich selbst in abgelegenen, nächtlichen Wäldern zuhause und geborgen, viel mehr als es in einer Stadt jemals sein könnte.
Das alles, eine ganze Philosophie, fließt in meine Bilder mit ein, ist die ureigenste, individuelle Handschrift, die den "Wolf" ausmacht. Nicht vermittelbar und nicht erlernbar...
Fazit: Meine "Lehrer" waren niemals Handwerks-Meister, andere Künstler oder sonstige Vorbilder, sondern immer nur die Natur, das Licht selbst. Sie lehrten mich zu sehen respektive das vorhandene, angeborene, innere AUGE zu öffnen und zu benutzen....
So weit ein paar ungeordnete Gedanken... Ist ein weites Feld...
Gruß
Wolf