Es ist ungefähr 1/4 Jahr her, da sah ich am Kiosk bei einer dieser unsäglichen Fotozeitschriften auf der Titelseite den Text: „Ratgeber: nie mehr das falsche Motivprogramm“. Au weia.
Nur mein Eindruck? Hat die Elektronik die Bedienung wirklich einfacher gemacht?
Ich bin, glaube ich, einen Tick jünger, ergo gingen meine ersten Versuche mit einer Minolta SR-T 303. Aber eben auch vollmanuell und man mußte sich gründlich mit den theoretischen Grundlagen befassen, wenn die Bilder über Knipsereien hinausgehen sollten.
Was Deine Frage angeht? Nun ja, in der Zeit, in der sich viele Digital-Fotografierer noch mit der linken Hand hinterm rechten Ohr kratzen, welches der unzähligen Motivprogramme sie denn jetzt nehmen sollen, habe ich schon ein halbes Shooting hinter mir, total simpel mit Zeitautomatik oder Handbeli, zugegebenermaßen mit Autofocus, aber manchmal eben auch ohne.
Ohne verinnerlichtes Wissen, das aus Jahren/Jahrzehnten des Studiums der Photographie und der
täglichen Übung kommt, geht es auch heute noch nicht, wenn man richtig anspruchsvolle Bilder will, die an die Grenzen des Lichtes gehen.
Auf der gleichen Zeiss Site ist auch der Link zu einem Bericht über Markus Zohner, der mit einer Zeiss Ikon Analogkamera von Venedig nach St Petersburg zu Fuß ging. Vom Reiz der langsamen Fotografie...auch sehr lesenswert.
Wer kann das denn heute noch? In einer Zeit, in der ich bei der Arbeit mit einer Pentax 67 oder Linhof 4x5" gefragt werde, wieviel
Megapixel die denn hat und wie der Autofokus funktioniert? (Kein Schwerz!)
Drück' einem der heutigen, jungen Hobbyfotografen eine klassische Laufbodenkamera 4x5" in die Hand (z.B. 'ne Graflex o.ä., so'n Teil ist eigentlich selbsterklärend!), einen Handbeli, 'n 75er und'n 210er, ein paar Kassetten und Packungen Planfilm und schick sie los, eine Reisereportage damit zu machen: Das geht voll in die Hose!
Wer aber die
Grundlagen der Fotografie verinnerlicht hat, der schnappt sich den Kram, macht sich kurz mit der Handhabung vertraut, zieht damit los und bringt ordentliche Bilder mit...
Oder schon bequemer: eine vollmanuelle Leica M irgendwas mit Leicameter, 35er, 90er (die klassische Reporter-Ausrüstung eben), eine Handvoll Filme. Ergebnis wahrscheinlich ähnlich. Nichts mit Automatik, AF, SLR, EBV... Back to the Roots...
Photographen wie Du und ich können das, aber einer, der noch nie was anderes kannte als "Motivprogramme"? Da bin ich mir sehr im Zweifel...
Elektronik ist
bequem, was ich gerne zugebe, aber nicht unabdingbar für gute Bilder, gut im Sinne der Ästhetik.. Es geht ohne weiteres auch ohne... Aber es geht eben ab einem gewissen Niveau nichts, ohne zu wissen, was man da eigentlich macht!
Gruß
Wolf