Guten Tag zusammen,
ich würde gerne etwas zum Eingangsthema dieses Forums anmerken und mich wieder etwas von "Mein Zoom gegen Dein Zoom" wegbewegen und ein paar neue Aspekte in diese wertvolle Diskussion werfen. Also: Warum (für mich, subjektiv!) Leica?
Ich fotografiere seit mehr als zwanzig Jahren und inzwischen verdiene ich auch einen steigenden Anteil meiner Honorare mit Fotografie. Dabei sind meine Schwerpunkte hauptsächlich Architektur, Reportage, Reisen, Landschaft und People, aber auch so genannte "künstlerische Fotografie". Angefangen habe ich mit Canon (FD-System mit der EF und F1), wechselte dann zu Nikon (FE-2, F3, F4, F5), wo ich bis vor einigen Jahren auch geblieben bin. Daneben habe ich meine Heimat im Mittelformat schon vor Jahren im System eines Braunschweiger Herstellers gefunden und arbeite für Architekturaufgaben mit einer 4x5"-Kamera. Dennoch hatte ich immer Affären mit anderen Kameras, vorallem auch Leicas. Inzwischen habe ich im Kleinbildbereich wieder zu Leica zurückgefunden (M-System und R-System) und speziell bei der M wurde, die Braunschweiger mögen's mir verzeihen, Liebe daraus. Welche Faktoren waren entscheidend?
- Qualität der Gehäuse:
Mit keiner Kamera hatte ich mehr Ärger als mit der Leica R4. Ich habe zwei (!) Gehäuse im Abstand von zwei Wochen bei Reportagen und Modenschauen im unwirtlichen Klima (heiss, kalt, Sandstürme) von München verloren. Elektronikschaden. Das war 1990. Frust, nie wieder Leica! (Fairerweise muss ich sagen, dass auch eine F4s im Indischen Hochland den Geist aufgegeben hat...) Im Jahr 1997 kaufte ich eine M6, die innerhalb mehrerer Monate ungefähr 83-mal (Übertreibung macht anschaulich!) das Krankenhaus in Solms gesehen hat. Das lag bestimmt daran, dass die M6 es einfach nicht verkraftet hat, dass sie, wo sie doch in Wetzlar geboren war, jetzt in einem schnöden Flachbau in Solms geheilt werden sollte. Fazit: mehrere hundert DM Reparaturrechnungen und viele Wochen ohne diese Kamera. Darauf habe ich die M6 wutentbrannt verkauft und beschloss, dem Thema ein Ende zu setzen. Fazit: Das beste Gehäuse bietet nach meiner Meinung die Nikon F5, es ist quasi unkaputtbar, ist extrem gut abgedichtet und erlaubt schnelles, zuverlässiges Arbeiten. Ich habe drei Gehäuse besessen, keines davon hat mich je auf dieser Welt im Stich gelassen. Allerdings: ich kenne viele Fotografen, die genau das Gegenteil sagen und die mit der F5 nichts als Ärger hatten...
UND NUN DIES: Leica M6, Leica R6.2 und als Spielzeug die SL2... WARUM NUN DIES?
- Qualität der Objektive:
Lassen wir die Zeiss' und Schneider-Kreuznachs und Rodenstocks dieser Welt für 6x6 und 4x5" mal aussen vor. Für die Nikon habe ich zum Schluss hauptsächlich die AF-S Objektive mit Lichtstärken 2,8 und einige Festbrennweiten höherer Lichtstärke besessen. Die Qualität - auch im Vergleich zu Leica - steht für die meisten (!) Anwendungen ausser Frage. Aber:
> Bei Nikon braucht man für jedes Objektiv einen Assisstenten, der es trägt
> Ein weiterer Assisstent trägt die ganzen unterschiedlichen Gegenlichtblenden
> Seit Nikon sich entschieden hat, dem Beispiel einer Softwarebude aus Redmont USA, WA zu folgen und alle drei Wochen ein neues Release eines Objektivs auf den Markt zu bringen (hier speziell das 80-200/2,8, von dem ich etwa 8 Versionen besessen habe...) fühle ich mich hier etwas vera...lbert...
> Da ich kein Pressefotograf bin, brauche ich keine digitale Kleinbildkamera. (Wenn ich digital arbeiten will, investiere ich in einen Scanner oder in ein Rückteil für die Rolleiflex) - Die nennenswerten grossen Systeme (Nikon, Canon) scheinen keine grosse Lust mehr zu verspüren, in die analoge Entwicklung ihrer Systeme mehr zu investieren...
> Ich brauche keinen Autofocus - nicht nur, weil sich meine Art der Fotografie über die Jahre von der Technikgläubigkeit zum Vertrauen auf meine Intuition verändert hat, sondern auch, weil sich meine Art zu fotografieren - auch durch meine Arbeit mit 4x5 - nachhaltig verändert hat.
> Mit einer F5 nebst Zubehör fällt man auf wie ein bunter Hund (die M6, aber auch die R6.2) sind hier inzwischen meine bevorzugten Partner
> Lichtstärke: Für meine Reisen und Reportagen rücke ich den Menschen lieber auf den Pelz - ohne Blitz und Zubehör, das zusätzliche Barrieren schafft. Idealer Partner: die M6 mit einem 1,4/35er...
> Die meisten Objektive von Leica, die ich benutze, haben die Gegenlichtblende eingebaut...ich spare mir also den Assi und kann in einen anständigen Scanner investieren... ;-)
> Gewiss: auch dieses Argument fiel schon: Das Bild entsteht im Kopf UND: Die Kamera ist ein Werkzeug. Wenn aber das Werkzeug nicht das Handwerk unterstützt (z.B. durch Fehlfunktion oder "bells and whistles", die mich nur verwirren...), dann kann ich das Bild im Kopf schon garnicht umsetzen.
Also?! IMHO...
Viele Grüsse aus Frankfurt
Michael
Übrigens: ich habe jetzt zwei M6 aus Solmser Produktion: noch nie einen Ausfall gehabt...und möchte sie auch nicht mehr missen...