Hallo,
wie wären die Fotografien zu beurteilen, bei denen man als Tourist den Kopf durch eine bemalte Tafel steckt und sich als Raubritter oder sonst was abbilden läßt? Hier wird die Sache übertrieben, aber zwischen den im Thread diskutierten Bildern und diesen liegt ein weites Feld.
Portraitmaler vergangener Jahrhunderte hatten immer einige Gemälde vorrätig, die bis auf den Kopf und vor allem das Gesicht schon fertig waren. Der Auftraggeber konnte sich aussuchen, in welch prunkvoller Kleidung, mit welch vorteilhafter Geste und in welche hoheitsvolle Positur er sein Gesicht malen lassen wollte. (Viele solcher Bilder lassen erkennen, dass der Kopf nicht zu den Proportionen des Körpers paßt oder dessen Haltung nicht zur Perspektive des vorher schon gemalten Bildes.)
Mit Hilfe der EBV kann man von sich selbst ein Bild machen, wie man vom Papst gekrönt wird, und zwar so, dass nur die Plausibilitätskontrolle das Bild als Fälschung erscheinen läßt.
Nicht nur Bearbeitungen eines Bildes können es verfälschen (im weitesten Sinne, also auch "verschönern"). Wenn ein Bundestagskandidat sich auf Plakaten mit Bildern vorstellt, die zwanzig Jahre alt sind, schönt er sich unter Umständen auch.
Meine eigenen Versuche, angeregt durch diesen Thread, Babyhaut hinzubekommen, habe ich aufgegeben. Was ich aber allmählich bei diesem Thema bekomme, ist Gänsehaut.
Schon seit Jahrzehnten wird die Frage behandelt, inwieweit Menschen durch überoptimale Reize, wie sie in der Wirklichkeit kaum anzutreffen sind, auf Plakaten, in Zeitschriften, im Fernsehen der Eindruck vermittelt wird, sie gehörten in ihrer Normalität einer zu kurz gekommenen kleinen Minderheit an. Die Kosmetik-, die Bekleidungsindustrie und andere Branchen helfen aber bereitwillig und verkaufen Zeug zur Besserung der frustrierenden Situation.
Dies zur Harmlosigkeit der gesellschaftlichen Situation, in die die Fotografie einbezogen ist.
Grüße, Heinz